Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Esslingen StadtA, RTA 5 (1539–1545), unfol. (Reinschr.).

Goßlar: Nachdem uff jungstem zu Numburg [= Naumburg] in Duringen durch die ainigungsverwante stend, derselbigen anwesende rethe, botschaften und gesanten gehalten tag der stat Goßlar geurtelte achtsachen an dem kayserlichen camergericht und, ob dieselbige fur ein religionsachen antzunemen, dafur zu halten und zu vertretten werden solle oder nit, dergestalt auß domaln bewegenden ursachen uffgeschoben, das ein jeder gesanter zu seiner anheimschskhunft seinen hern und obern davon gnugsame relation und antzeigung thon solte und volgents ein jeder stand als die oberlendischen stett, was sie sich hierinnen entschlossen, unserm gnedigen fursten und herren, dem Lgf. zu Hessen etc., in sechs wochen nach volendung desselbigen numbergischen tags solten zu- oder abschreiben, also haben die erbern oberlendischen ainigungsverwante stett fur nutz und gut angesehen, das dises und anderer uffgeschutzter puncten halben ein zusamenkhunft aller oberlendischen ainigungsverwanten stett und in der stat Esselingen uff den 15. tag des monats Februari solte gehalten werden, wie dann beschehen.

Und haben soliche der erbern statt Goßlar hechste und merckliche beschwerden fur die hand genomen und dieselbige notturftigklichen und mit allem vleiß erwegen und befinden auß irem hievor und jungsten zu Noumburg gethonem bericht, obwol gleich der erbarn statt Goßlar geurtelte achtsachen sich vor diser zeit, ehe und sie in dise cristenliche verstentnus khomen, zugetragen und im grund ein weltliche und khein religionsachen ist, noch dannocht fint man dieselbige also geschaffen und geartet, das sie, die von Goßlar, wie es dann auch das vermeint urtel der nichtigen acht thut melden, dannocht und mehern theils darumben in die acht gesprochen, das sie etliche closter und kirchen verprent, die altaria abgebrochen und die stein in ir stat hineingefiert haben, darumben dann sie als ainigungsverwante mitnichten zu verlassen sein sollen.

Dweil aber die röm. ksl. Mt., unser allergnedigster herr, ir, deren von Goßlar, und auch die mindische acht an dem kayserlichen camergericht suspendiert und alle wirckliche, thetliche execution derselbigen uffgehoben, auch bey Hg. Heinrichen von Braunschweick so vil mit ernst verschafft, das er sich thatlicher angreiffung gegen in, denen von Goßlar, Braunschweig und andern gewißlichen soll enthalten, so gedenckt ein ersamer rath diser zeit von unnothen sein, davon zu schliessen, ob mehergedachter deren von Goßlar sachen fur ein religionsachen oder nit antzunemen oder zu vertheidigen sein solte, besonder mochte denen von Goßlar damit geholfen werden, das mit antzeigung gestalt und herkhomens solicher sachen bey der röm. ksl. Mt. durch gemaine ainigungsverwante stend mit allem muglichen vleis dahin gehandelt, damit soliche beschwerliche, nichtige acht alsbald wircklichen abgeschafft und die erbere stat Goßlar also bey dem hl. reich und disen stenden mochte erhalten werden. Dan so die röm. ksl. Mt. den stilstand verschafft, ist wol zu hoffen, das auch ir Mt. als ein loblicher, milter, fridsamer kayser auch das ander als nemlichen die wirckliche aufhebung auch werde gnedigklichen bevelhen.

Im fall aber, do je soliche beschwerliche acht nit abgeschafft oder je zum wenigsten in ferner stilstand gepracht, dweil es dann ein ersamer rath bey ime selbs fur unzweifenlich helt, wo durch die stimmenreth hierinnen solte erkhentnus beschehen, das alsdann mit dem mehern theil der stimmen soliche deren von Goßlar sachen fur ein religionsachen erkhent und angenomen, damit dann der unglimpf bey den erbern oberlendischen stetten nit verbleibe, waß dann der meher theil gemeiner ainigungsverwanten stende hierinnen wirdet schliessen, das soll und wirdet einem ersamen rath nit misfellig sein und ein solichs irs theils auch mit willigen und schliessen.

Einemung Hg. Erichs den jungen belangen. Laß ime ein ersamer rath gefallen, das seine fstl. Gn., wie derwegen unserm gnedigen hern, dem Lgf. zu Hessen, geschriben, in diß cristenliche verstentnus eingenomen werde.

Die statt Braunschweick belangende. Demnach und uff jungstem zu Numburg gehaltenem tag gemaine ainigungsverwante stend sich einer hilf entschlossen, wo dann uff jetzigem reichstag bey röm. ksl. Mt. durch gemeine stend soliche ire beschwerden nit abgestelt, lisset es ein ersamer rath bey bewilligter hilf beruwen.

Einbeck belangen. Sollen sich eins ersamen rats gesante bey den andern botschaften der erbern stett, sovil muglich, mit vleis erkhundigen, wie sich dieselbigen in gesuchter hilf gehalten oder noch ertzeigen werden, und, waß sie also erfarn, solichs einem ersamen rat alsbald zuschreiben, damit sich ein ersamer rath in demselbigen auch unverweißlichen zu halten wisse.

Waß dann die hilf wider den Tircken thut belangen. Wiewol ein cristenlich, gut, milt werck, auch hoch vonnethen, das dem erbfeind unsers heiligen, cristenlichen glaubens und namens ernstlicher widerstand bewißen, wie dann ein ersamer rath ires geringen vermugens mit gantzem willen wol geneigt, so bedenckt aber dannocht daneben ein ersamer rath nit allein inen, besonder allen stenden der cristenlichen verainigung gantz beschwerlichen zu sein, sich in einiche hilf zu begeben, es seie dann, das zuvor durch die röm. ksl. Mt. disen stenden ein bestendiger, beharlicher und satter friden gegeben und das daneben alle jetzo schwebende und khunftige proceß in religion- und glaubenssachen oder, die drauß fliessen, alsbald wurklichen ab- und zu ruwe geschafft und also angestelt, das hinfuro dergleichen sachen kheine meher angenomen werden. Und im fall, do ein solichs beschicht, wo dann ein jeder stand vermog deß jungsten zu Regenspurg verfasten abschids seinem vermugen gemeß geringert und angelegt, also das in einem solichen anschlag zu allen theiln gleicheit gehalten, andere außlendische potentaten, so auch den namen Cristen tragen und die dem reich one mittel und gar nit underworfen, auch in soliche hilf, die allen cristen billichen gemeinen sein soll, getzogen und es die weg mochte gewynnen, das von einer bestendigen, beharlichen hilf geschlossen und dieselbige uff die personen allenthalben geschlagen, alsdann were ein ersamer rath mit willen wol geneigt, sein vormugen der gepur nach auch darzulegen, und bey ime nit mangel sein lassen. Sonsten ausserhalb und, ehe solicher bestendiger, satter frid und abschaffung der proceß am keyserlichen camergericht ab- und zu ruwe gestelt, will einem ersamen rath beschwerlich sein, in einiche beharliche oder eylende hilf zu willigen. Es sollen auch, ehe und zuvor ein bestendiger friden erlangt und die beschwerden abgewent, auch gleicheit gehalten, eins ersamen rats gesante in ainiche hilf mitnichten willigen, besonder was derwegen gehandelt uff hindersichbringen und unser selbs fernern bedencken annemen.

Das camergericht belangende. Nachdem augenscheinlichen vorhanden, des jetzige camerichter und beisessen dem heiligen evangelio zum hochsten widerig, das sie auch alle mugliche mittel und weg suchen, wie sie die stend, demselbigen anhengig, und sonderlichen denen, so sich protestierende nennen, in merckliche nachteil, schaden und verderben khenden einfiern, das sie auch kheine beisessen an das kayserlich camergericht khomen lissen, sie sein dann den papisten anhengig und schwern uff den abschid, jungsten zu Augspurg aufgericht, so wil hoch vonnothen sein, das dise stend sich irs besten vermugens befleissen, damit jetzig camergericht der notturft nach reformiert und dise, so diser zeit daran sein, alle samptlich miteinander abgeschafft werden, inmassen dem keyserlichen regiment zu Nurmberg beschehen, wie man dann deßhalben vil treffenliche, erhebliche ursachen wol weiß furzuwenden.

Und dweil camerrichter und beisitzer allein darumben verordent, das sie einem jeden recht und gerechtigkheit in zeitlichen und weltlichen sachen sollen mitteiln und sich der religion mitnichten in iren urtailen zu beladen haben, so bedunckt ein ersamen rath die notturft sein, daß hinfuro das keyserlich camergericht mit geschickten, frommen, erbern und gelerten personen besetzt und in solichem nit angesehen werde, ob soliche personen in iren gewißen den papisten oder, wie man pflegt zu sagen, unserer leer anhengig seien oder nit. Jedoch mochte ein ersamer rath wol leiden, das, sovil immer muglich, nach personen getrachtet, die zum wenigsten der rechten, warhaftigen, cristenlichen leer nit widerig und deren auch anhengig weren. Dieselbige personen wurden one zweifel dester geneigter sein, jedem theil sein gepurend recht und gerechtigkheit widerfarn zu lassen.

Benedict Bantz. Waß dann die vermeint, nichtig urtel des camergerichts thut belangen, alda ein ersamer rath Benedict Bantzen uff sein vermeint, nichtig schanthclag in 300 fl. verdampt worden, das auch, unangesehen ksl. Mt. gnedigsten, gegeben stilstands, camerrichter und beisitzer in sollicher sachen furgefarn, das ruffen erkhant und durch des pfaffen procurator zu continuation uff die declaration der peen beschlossen, sollen eines ersamen rats gesante mit allem vleiß die sachen dahin handeln, damit soliche vermeinte, nichtige urtel aufgehoben, vernicht und abgeschafft oder aber zum wenigsten in einen stilstand gepracht werde und sich in solichem von gemeinen ainigungsverwanten stenden nit sundern lassen.

Und waß also gemeiner statt notturft erfordert, das sollen eins ersamen rats gesante, nach irem besten vermugen treulichen und mit allem vleis zu furdern, bevelch und gewalt haben1.

Actum Donstags, den 3. Martij anno 41.

Anmerkungen

1
 Vgl. Georg Kron an Bgm. und Rat von Esslingen, Regensburg, 1541 März 28, Esslingen StadtA, RTA 5 (1539–1545), unfol. (Ausf. eighd.): Sie haben Lic. Johann Machtolf und ihn zum Reichstag abgefertigt. Da sich die Verhandlungen verzögern, können sie sich denken, welche Unkosten durch ihren Aufenthalt in Regensburg entstehen. Die Reichsstädte versuchen, Kosten zu sparen, indem sie wenige Gesandte zum Reichstag senden. Bürgermeister und Rat kennen auch seine hußhaltung. Bittet deshalb, ihm zu erlauben, endung des stetttags heimzureisen. Wie er die Dinge verstanden hat, kann die Stadt die Kosten wohl sparen. In dem, was Bürgermeister und Rat für gut ansehen, sol an mir nigs gespart sein. Diensterbieten. Datum den 28. Marci anno 41 zu Regenspurg.