Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 1, fol. 132r–135v (Ausf.); DV v. 2. und 3. Hd. fol. 133v: Die rethe schreiben, das alle handlung biß zu deß Granuels ankunft verschoben und die maintzischen, bairischen und saltzburgischen mit deß Bf. von Strasburg gesandten vielmals allein miteinander rath gehalten etc. Item, das Petrus Paulus Vergerius, ein welscher bischoff, auß Franckreich auch ankomen etc. Item, schick[en] copien Hg. Ulrichs von Wirtenberg schreiben des neuen gewerb halb der Hgg. in Baiern und Londenbergs. Item [...?]aines schreibens an Jacob Sturmen allerlei Nauwes etc., [vicecancler]; v. 4. Hd.: Der rethe schreiben aus Wormbs, den 14. Nouembris, Lochau.

Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 2,2, Nr. 233 , S. 733–736.

Seit ihrem letzten Schreiben wurde mit den Verhandlungen noch nicht begonnen, vielleicht weil Granvelle wohl erst in fünf oder sechs Tagen ankommen wird. Beiliegend ein Verzeichnis der anwesenden Stände und Gesandtschaften. So ist man Pfaltz und Trier auch in wenig tagen gewertig.

Die Gesandten von Mainz, Bayern, Salzburg und des Bf. von Straßburg sollen mehrfach untereinander beraten haben, ohne die Gesandten Kölns, Kurbrandenburgs und Jülichs zuzuziehen, darauß zu vermuten, daß sie selbst under sich der sachen nicht einig.Dagegen sind die protestantischen Gesandten und Theologen, wie sich in mehreren Konferenzen gezeigt hat, im Bekenntnis zur Konfession und Apologie und im Urteil über den päpstlichen Primat ganz einig und umso mehr an dem bevorstehenden Kolloquium interessiert. Dann wir hoffen, es sollen etzliche jhenes teils, wann sie von der warheit gruntlich bericht, wie mit Gottes hulf beschehen soll, sich zu uns begeben und die warheit annehmen oder jhe zum wenigsten etzlicher jhenes teils halstarrigkeit inen nicht gefallen lassen und sich also von denselbigen absondern.

Beiliegend Kopie eines Schreibens Hg. Ulrichs von Württemberg an Straßburg über Werbungen von Reitern und Knechten in der Markgrafschaft Baden. So hat auch unser gnedigster herr, der pfaltzgraff, villeicht aus fursorg seinen adel beschrieben.

Beiliegend Kopie eines Schreibens, das Jakob Sturm vertraulich zugegangen ist 1.

Werden über die weitere Entwicklung nach Granvelles Ankunft umgehend berichten. [...]. Datum Wormbs, Sontags nach Martini, den 14. Nouembris umb 4 uhr nach mittag anno domini 15402.

[Zettel:] Eurn kfl. Gn. wollen wir auch in underthenigkeit nicht bergen, daß vor wenig tagen ein welscher bischoff, Petrus Paulus Vergerius genanndt, der vor funf jharn deß itzigen babsts gesandter des concilii halben gewesen und dieser zeit am franckreichischen hoff sich enthalten soll, alhie ankommen. Als haben die gulchischen rethe denselbigen und uns, Hannsenn von Doltzk, cantzler und Phillipum sampt H. Jacobenn Sturm zu gast gehapt, do sich dann uber tisch allerlei geselliglicher reden und disputation zugetragen. Und hat sich auch gemelter bischoff horen lassen, daß dieses angesetzt gesprech dem Kg. von Franckreich auß allerlei ursachen misfeelle. Es were aber der konig geneigt, eigener personn an ein gelegen orth zu kommen, so etwas rechtschaffens durch ein cristlich, frei concilium oder sonsten solte von der religion gehandelt werden etc. Er hat sich auch wider uns vernemen lassen, daß er von dem konig und der Kgn. von Nauarra, die sich versehen gehapt, er wurde euere kfl. Gn. alhie antreffen, bevelh hett, euere kfl. Gn. freuntlich zu begrussen und vill liebs und guts von irer kgl. Wd. wegen antzusagen, welchs er abwesens euerer kfl. Gn. uns also wolte vermeldet haben.

Desgleichen hat gemelter bischoff uns beiden, den cantzler und Philippum, in sonderheit angesprochen und vilh von des Kg. auß Frannckreich naigung und willen der concordia halben in der religion geredt, auch angetzeigt, daß er eueren kfl. Gn. von wegen gemelts Kg. zu Franckreich vill guts ansagen solte und daß seine kgl. Mt. zum hochsten geneigt, die alten freuntschaft zwischen seiner kgl. Mt. und eueren kfl. Gn. zu erhalten, mit dem anhang, das auch seine kgl. Mt. eur kfl. Gn. halben desto geneigter gegen unserm gnedigen herrn, dem Hg. zu Gulch etc., und daß er zu seinen fstl. Gn. mit etzlichen schriften abgefertigt und in kurtz widerumb alhie sein wolte. etc.

Und wie uns die dinge ansehen, so ist seine sachen alhie dohin gericht, daß er daß furhabende gesprech mocht hindern helfen und daneben neue mer erfharn, dan wie zu vermercken, so ist er von der parthei in Frannckreich, die dem cantzler und dem Kard. von Thurno[= Tournon] zugethan, welche beide der cristlichen religion zum hochsten zuwider sein sollen.

Es hat auch H. Jacob Sturm uns beiden, Hannsen von Doltzk und cantzler, angetzeigt, daß der Kg. zu Frannckreich in kurtz einen seiner dienner und underthannen heraus zu eur kfl. Gn. und dem landgraven, mit denselbigen sampt iren zugewanten religionsstenden uff ein freuntlich verstendtnus zu handeln, schicken werde, welche schickung Gf. Wilhelm von Furstenbergk etzlichermaß verursacht soll haben. Und soll derselbige gesandte sein Barnabas Foreus de Fossa gnannt, des H. Lanngei3 blutsverwanter, mit dem er auch vor funf jharn zu Schmalkalden und etwa bei zweien jharn in der universitet zu Wittenberg gewesen, welcher Barnabas itziger zeit dem evangelio zum hochsten entgegen und sich doch, wann er in deutschen landen ist, vilh anders stellet und horen lasse. Derwegen werden euere kfl. Gn. uff den falh, do er zu eurn kfl. Gn. kommen wurde, ime nicht vilh zu vertrauen wissen und diese unsere underthenigste verwahrnung gnediglich vermercken.

Daneben hat auch gemelter H. Jacob uns zwo schriften sehen und lesen lassen, darinnen angetzeigt, wie das der Kard. Bellagius4 gerne wolte, daß in nahmen und von wegen euerer kfl. Gn. und irer religionsverwandten ein schickung in stilh und geheim ane weitleuftig gerucht und durch ein vertraute personn zu dem Kg. von Frannckreich forderlich geschehen solt, dan solchs wurde dem konig angenehm sein, auch zu linderung der geschwindigkeit, so die geistlichen auf des konigs edict der ende wider die evangelischen gebrauchen, dienen. Dieweil nun die sachen zwuschen dem keiser und Frannckreich noch also schweben [und nichts] entlichs geschlossen und des konigs gemueth dahin geneigt, daß er solche schickung gerne sehen wolt, so werden euere kfl. Gn. sampt dem landgrafen, waß disfals zu thun, gnediglich zu erwegen und zu bedencken wissen. Und must auf diesen falh die sachen, sofern es fur gut angesehen und eur kfl. Gn. dartzu geneigt, durch gemelten Kard. Bellagium getrieben werden, welcher auch des erbiettens und sich vernehmen lassen, daß er alsobald denselben gesandten zu des konigs person sonder vorwissen des cantzlers und seines anhangs, die dann, wie gemelt, der cristlichen religion zum hochsten entgegen sein, bringen wolle. Und obwolh hirinnen allerlei zu bedencken sein wilh und sonderlich, daß villeicht Frannckreich seine sach mit ksl. Mt. dadurch erdringen und fordern [m]ocht, so wollt es unsers ermessens dartzu dinstlich sein, des konigs gemueth und, wie die sachen zwischen ksl. Mt. und Frannckreich gelegen, so vil gruntlicher und richtiger zu vernehmen und furnehmlich, warauf die freuntschaft und ainung gericht und gemeint sein solt, zudeme, daß es ein anhangenden, freuntlichen und geneigten willen wircken mocht, allerlei practicken in diesen furstehenden handlungen zu fristen und uffzuhalten, welchs eur kfl. Gn. wir underthenigster meinung auch nit haben bergen sollen. Datum ut supra.

Anmerkungen

1
 Vgl. Nr. 413.
2
 Hans von Dolzig an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, [Worms], 1540 November 15, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 329 Nr. 133 Bd. 1, fol. 150r–153v (Ausf.): Verweis auf das Schreiben der kursächsischen Gesandten in Worms an den Kurfürsten vom 14. November 1540. Interesse vieler Ausländer an den Wormser Verhandlungen. Gnedigster her, was die schickung in Frankreich, sofern es vor guth und fruchtbar angesehen, blangen, ist das zu ainem underthenigsten furslag bedacht, das die von Straßburg durch ire geheympten rath als H. Jacob Sthurm und sein zugeordneter die person zu solcher schickung abvertigen im geheim sam vor sich und Dr. Ulrich Geyler, ain styller, gehaympter man, gotlichem worth mit rechtem vorstandt und grundt gewegen, darzu am koniglichen hoff als vor sich selbst [hinkeme?] und bekanth, der wirdeth darzu vast dinstlich geacht und angesehen, uff welche person kain aufmerckung geschehen, auch sunderlich dem cardinallen wol bekanth. Auf Werbung Gf. Wilhelms von Nassau hat sich der Kf. von Köln in Begleitung Gf. Wilhelms von Neuenahr zum Hg. von Jülich begeben zur Jagd und zur Besprechung verschiedener Sachen. [...]. Datum in eylh am Montag nach Martinj, der 15. Nouembris anno domini 1540. [PS:] Die ergangen acht am camergericht gegen Goßlar wirdeth von vil tapfern leuth, auch aus gegentayls partey, wie sie sich vernemen lassent, beswerlich und unpillig geachtet. [...]. [Zettel:] Rät, Granvelle im Namen des Kurfürsten ansprechen zu lassen, weil dies in der Religionssache vorteilhaft sein könnte und eine im Gespräch hergestellte Bekanntschaft förderlich und informativ sein kann. Gf. Wilhelm von Neuenahr könnte dabei wegen seiner besonderen Beziehungen zu Granvelle hilfreich sein. Hat ihm deswegen auch bereits geschrieben, denn man hat ihm vertraulich mit überzeugenden Argumenten zu verstehen gegeben, das der H. Granuelh Hg. Hainrichen etc. gar nicht gneigt sein soll. Und disses des H. Granuelhs ankomen und erscheinen in solcher allercristlichen gottessachen erfolge in sunderhayt dorauß, daß der herzog disse handlung bißanher zum hochsten gehyndert und durch allerlei practicken viller hinderlistiger furschlege aufgehalten hab, sampt seinen mitverwanten gesellen. Damit aber der H. Granuelh [und] sein bekantnus, warzu sein gemueth gesynneth, szo vil mehr bey den oberlendischen chur- und fursten dewtscher nacion auch gesporth und erkanth werde, hab er sich szo vilh mehr geneigter und williger darzu begeben und zu solcher schickung gebrauchen lassen. Datum ut supra.
3
 Guillaume du Bellay, seigneur de Langey, Bruder des Kard. du Bellay.
4
 Jean du Bellay, Bf. von Paris, Kardinal.