Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Straßburg AD, 15 J 15, unfol. (Kop.); ÜS: Abschid der visitation des kayserlichen camergrichts zu Speyr anno etc. 33 halben aufgericht und auf dem reichstag zu Regenspurg anno etc. 41 gehalten wider durch die stend des reichs erneuert worden etc.; AV: Actum Regenspurg, 24. Julij anno etc. 411.

Nachdem die röm. ksl. Mt., unser allergnedigster herr, auch churfursten, fursten und stend des hl. reichs auf jungst gehaltnem reichstag zu Regenspurg fur nutzlich und notturftigklich erwegen und beschlossen, das camergricht, wie solchs in den alten und neuen ordnungen fursehen, alle jar am ort, da es gehalten, visitiert werden soll, alles nach inhalt und vermög eines artickels im regenspurgischen abschid verleibt und wir Ulrich Gf. zu Helfenstein, Caspar von Westhausen, unser frawen kirchen zu Erdtfurt probst und meintzischer cantzler, Lucas Hug von Herlißheim, pfaltzgrevischer rath, und von Gots gnaden wir Philips Bf. zu Speyr personlich und Wolffgang von Seyboldsdorff, probst zu Munchen und thumbher zu Augspurg, Johann Kunig ordinari zu Tubingen und Balthasar Stumpff doctores von röm. ksl. Mt., auch churfursten, geistlichen und weltlichen fursten, prelaten, graven und stenden des hl. röm. reichs dißmals zu visitation und reformation des gemelten keyserlichen camergerichts verordnet und volgends durch ksl. Mt. in schriften sonderlich beschriben und erfordert sein, daruff wir uns alher gen Speir gefuegt, vermög obgemelts abschids die visitation furgenomen und nach vleissiger gehapter erkundigung uber die gebrechen, so des camergerichts personen muntlich furgehalten, auch nachvolgende mengel an geistlichen proceß und andern den vor aufgerichten camergerichtsordnungen und reformation zuwider befunden:

Nemlich und zum ersten, das der ordnung, nechstgehaltnen reichstags zu Wormbs uffgericht, das hinfurter dem camerrichter zwen oder drey assessores an der abgangen oder abgestandnen statt angetzeigt sollen werden, nit nachgangen, sonder einer allein presentiert wurdet, haben wir disem artickel uß beweglichen ursachen dise messigunng gethan, das, wa in solchem fall, der also allein presentiert wurdet, vermog der aufgerichten ordnungen und reformation geschickt befunden, das camerrichter und beisitzer denselben annemen mögen, wa aber ein frembder, inen unbekant und zu einem beisitzer nit geschickt geacht, presentiert, soll der camerrichter und beysitzer sollichs den stenden oder krayß, so denselbigen presentiert hetten, antzeigen und bitten einen andern geschickten zu presentieren.

Zum andern, als in jetziger visitation befunden, das etliche stend und krayß vermög der ordnung ire assessores nit presentiert, welches den rechthengigen partheyen und iren sachen zu vertzug, verlengerung und mercklichem schaden thut reichen, nachdem dann dises valls in den camergerichtsordnungen und reformation kein ußtruckenlich fursehung befunden, sollen camerrichter und beisitzer jetzo und hinfuro dieselbigen stend und kreyß beschreyben, in dreyen monaten den nechsten, nachdem inen sollich schreyben zukomen wurdet, vermog der ordnung zu presentieren, mit dem anhang, wa sollichs nit beschehe, das sie nach ußgang der zeit ein geschickte person nach inhalt der reformation annemen wolten etc. Wa sie dann darin seumig, sollen chamerrichter und beisitzer einen uß desselbigen kreyß, landart und zirck (wie obstet) antzunemen macht haben, wie dann in solchem fall das keyserlich regiment vormals auch gethan hat.

Nachdem auch in jungster reformation geordnet, das camerrichter on vorwissen und rath der assessorn und one redliche ursachen keinem beisitzer erlauben soll, wa sie aber einem oder mehr erlauben und der oder dieselben uber zeit irer erlaubnuß außbleiben, die besoldung abgezogen und under die gegenwurtigen assessores getheylt werden, sollen die prothonotarien, wann und wie lang einem jeden assessorn erlaubt und zu welcher zeit er wider ankomen, vleyssig auftzeichnen, sollichs dem pfennigmeister antzeigen. Derselb soll inen, so lang sie uber erlaubte zeit außbleiben, ire besoldung abziehen und further jedes quartal vermög uffgerichter reformation under die andern, so nit abwesend, theylen.

Item, wurdet verner befunden, das die sachen vermog der jungsten reformation nach der ordnung nit furderlich ußgetheilt werden, welches doch dermassen geschehen mocht, so der camerrichter alle Sambstag die beisitzer fragt, was ein jeder fur sachen hette, und, welcher wenig oder kein sachen hette, das demselben nach gelegenheit gegeben wurde, doch das die eltisten acten, es seyen bey- oder endurtheiln, furgen. Ab solcher ordnung soll der camerrichter strengklich und vestigklich halten, dann darumb die stende des reichs, doctores zu assessorn antzunemen, bewegt, das sie vleissig arbeiten und referiren sollen, und zu furderung der partheyen und sachen soll kein referent interlocutor[ia] zum lengsten uber 14 tag hinder sich behalten, er zeige dann dem camerrichter ursachen und grosse der sachen an.

Nachdem auch in diser visitation befunden, das die procuratores restit[ut]ionem wider die erlangten endurthel vilfaltigklich pflegen zu bitten, welches zu verhinderung der execution und mercklichem schaden der gwinnenden parthey thut reichen, sollen camerrichter und beisitzer ein vleissig uffsehens haben und, wa sie befinden, das die restitucion calumniose oder geferlicher weiß oder uß ursachen, so vormals im gerichtshandel angetzogen und deduciert worden were oder sonst uß neuen, unrechtmessigen ursachen begert, solcher gepetter restitucion unangesehen, in der execution vermög gemeiner recht furfaren und den procurator und die partheyen, welches [sic!] under inen daran schuldig, in expensas condemnieren. Wa aber je einich parthey die restitution uß rechtmessigen, erheblichen ursachen zu bitten vorhette, soll dasselbig articulatim geschehen, damit sich die richter vermog der rechten demnach wissen zu halten.

Als auch in diser visitation befunden, das die langen, mundtlichen furtreg und receß nit die wenigst ursachen der verlengerung und vertzugs der gerichtlichen audientz und proceßsen, so sollen camerrichter und beisitzer den procuratorn solliche unnotturftige receß und muntliche furtreg, so allen ordnungen und reformation zuwider, keineswegs bey vor ufgesatzter peen gestatten oder zulassen, sonder dieselbigen in offenlicher audientz verwerfen und den procuratorn dafur nichts taxieren. Gleichergestalt soll es mit den muntlichen beschlussen, so darin den aufgerichten ordnungen entgegen gehandelt, auch gehalten werden.

Further als auch befunden, das camerrichter und beisitzer in iren eignen sachen und gescheften als betzalung und anders betreffend, vyl zeit und tag zubringen, dardurch der parthey sachen, dernhalb das camergricht aufgericht und sie, denselben außzuwarten, dahin verordnet, verhindert, sollen sie hinfurther zu raths- und gerichtszeiten den partheyen und deren sachen zum treulichstena und vleissigsten, wie inen gepurt, außzuwarten und obgemelte ire eigne gescheft usserhalb raths- und gerichtszeiten bedencken und beradtschlagen.

Item, nachdem die ordnung, zu Speir im 27. jar aufgericht, under anderm vermag, welchem procurator, litem zu contestieren, durch urthel uffgelegt wurdet, das derselbig one weither vertzug oder dilation in derselben audientz der urthel volgen thon, wa nit der krieg bevestigt sein, sollen camerrichter und beisitzer gemeltem artickel mit vleiß nachkomen, der krieg one verner erkantnuß bevestigt und dem gegentheil, so er woll, sein gegenclag ad proximam oder secundam zu thon vorbehalten sein.

Item, nachdem das contumaciern coram deputatos nit allein in jungster reformation, sonder auch in alten ordnungen versehen, soll dieselbig audientz contumaciarum mit allem vleiß der jungsten uffgerichten reformation gemeß gehalten, auch die procuratores in iren ordnungen steen bleiben und die furtreg zum kurtzesten inhalt derselben reformation thun und alle unschicklicheit vermeiden und underlassen. Wo aber einer oder mehr die reformation uberfaren und nit halten wurden, die sollen alsbald durch den hern und andere zu der audientz contumaciarum verordnete, gleich als ob camerrichter selbs entgegen were, inhalt aufgerichter reformation gestrafft werde.

Item, als in diser visitation verrer befunden, das die procuratores oder [sic!] partheysachen annemen und further dieselben in craft der clausel substitutionis den andern jungen procuratoribus gantz befelhen und anhengken den partheyen zu untreglichen costen, darumb sollen hinfurter die procuratores, so sie von dem camergricht absteen oder sich einer sachen gantz entschlahen wellen, on vorwissen irer partheyen zu substituieren nit macht haben. Und soll hiemit der punct in jungster reformation geordnet, die substitution belangend, erclert sein. Dartzu soll sich keiner der briefsachen oder anders, so ime nit zugeschriben, one vorwissen und bevelch des, dem es zugeschriben, undertziehen, sonder an den weisen, dem es zustet.

Item, sollen camerrichter und beysitzer in erorteten entschiden und executionsachen sondern vleiß haben, das die expens furderlich taxiert, damit die partheyen zu erlangung der condemnaten und taxierten expens mit wenigern costen und einem executorial komen möge und die ergangen endurthel furderlich exequiert und voltzogen, und der leser ein gut uffsehens haben, das sollich beschlossen entscheiden und executionsachen ad referendum furderlich ubergeben werde

Die cantzley beteffend.

Item, die prothonotarien sollen in beschlossen sachen die acta furderlich complieren und nachdem zu zeiten die sachen in vyl puncten getheilt und ducense [sic!] submissiones nacheinander geschehen, soll der leser vleissigs uffsehen haben, uff welchen puncten ein jede sach beschlossen, sollichs mit kurtzen worten auf die acten schreiben, damit sich der referent darnach hab zu richten. Und sollen gleichwol sonst bey eim jeden puncten sein product und receß geordnet und gelegt und, wa die relation uber vor beschlossen puncten in einer sachen nit geschehen, die nachvolgende submissiones dem referenten auch zugestellt, damit in denselben submissionibus eins mit dem andern ußgesprochen werde. Dergleichen soll der leser in allen andern sachen uff die bescheid und beschluß, so in jeder audientz beschehen, acht haben, und, warauf die sachen beschlossen oder beruwen, uff die acten schreiben, damit sich die referenten darnach richten mögen.

Item, soll der cantzleyverwalter darob und daran sein, das niemands wider die billicheit mit ubermessiger tax beschwert werde.

Von den botten.

Item, sollen sich die camerboten der aufgerichten ordnung und reformation gemeß halten, auch dem actori und reo appellante und appellato, wie vor geordnet, geburlich execution uff die original- und copeyschreyben, dartzu das gelt, so sie in die buchsen zu legen schuldig, bey inen nit behalten und den bottenmeister nit beleidigen oder ubergeben.

Obgemelten abschid wellen wir anstatt und von wegen röm. ksl. Mt., auch churfursten, fursten und stende des reichs camerrichter, assessorn, fiscaln, advocaten, procuratorn, verwaltern, prothonotarien, lesern, notarien und allen andern camergrichtspersonen und -dienern bey den pflichten, damit sie ksl. Mt. und disem camergricht verwandt, ernstlich bevolhen haben, das sie alle und jeder insonder disen unsern abschid biß auf ksl. Mt. und der stende wolgefallen oder derselben weither und verrer fursehung, auch alle des camergrichhts und reichsordnung, reformation und abschid, so bisanher uffgericht, mit höchstem vleiß halten, dem nochkomen und geleben bey peen und straff, darin verleibt, und ksl. Mt. ungnad zu vermeiden, dartzu, das sie den abschid jungst gehaltnen reichstags zu Augspurg und sonderlich der cristlichen religion und glaubens halben, auch sunst seins inhalts nachkomen und strack geleben.

Des zu urkhund hat unser jeder sein secret an disen brief thun hencken, der geben ist zu Speyr, den 21. des monats Maij nach Christi gepurt 1500 und in dem 33. jare.

Anmerkungen

1
 Zur Datierung vgl. auch das Würzburger Protokoll zum Regensburger Reichstag ad 24. Juli 1541 [Nr. 69].
a
  Korr. aus: furderlichsten.