Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Stuttgart, HStA, A 262 Bü. 11, unfol. (Kop.); DV: Copy an den Lgf. zu Hessen, F. Wolffgangen zu Anhallt und der andern abwesenden chur- und fursten, auch graven, stett und stende der ewangelichen vereyn rätte, bottschaften und gesanten jetzo zu Regenspurg versampt.

Wiewol wir dem hochgebornen fursten, H. Johanns Fridrichenn Hg. zu Sachssenn, Lgf. in Thuringenn, Mgf. zu Meyssenn und burggraven zu Magdennburg, des hl. röm. reichs ertzmarschalcken und Kf. etc., unserm freuntlichen, lieben oheimen, jetzo in einer missive freuntlich zugeschriben und ermeldt haben, was uns fur beschwerden wider recht und billicheit durch den keiserlichen cammerrichter und bysitzer nun ein lange zeit her begegnet und ufferlegt worden sind, und in sonderheit in der purgationsach in beiden Cristoffs von Veningen und Cristoff von Lanndenbergs handlungen wir die fursorg getragen, das wir von gedachtem cammergericht uberylt werden möchten etc.1, hieruber so wissen wir euern L. und euch freuntlicher meynung und unser nottdurft nach nit zu verhalten, das wir in jetz angezogner purgationsachen unsern anwald, ratt und lieben getreuen Eberharten von Karpffen mit gnugsamem gewalt abgevertigt und uff den 27. tag Apprilis jungstverschinen alda zu Speyr gehabt mit bevelhe und gewalt, uff die vermeinte des keiserlichen viscals ubergeben artickel durch mittel des eyds zu antwurten vermög der ordnung: ‚ich glaub, war sein oder nit‘, da abermals gedacht cammergericht wider recht und alle billicheit uns beschwert und ungleiche burde uffgelegt in dem, das cammerrichter und bysitzer unserm anwald den eyd ufferlegt und den keiserlichen viscal, der dann, seine artickel wider uns auch by geschwornem eyd vermög der recht inzulegen, angehalten worden sein solt uff unsers anwalds begern, desselbigen eyds erlassen haben.

Am andern, wiewol die röm. ksl. Mt., unser allergnedigster herr, Cristoff von Veningen der acht erledigt und absolviert, auch den camerrichtern sampt dem fiscal gnedigst schryben lassen, gegen ime, von Veningen, auch andern, so seinethalben uff den landfriden sich zu purgiern, furgenomen, nit verner zu procediern, wie dann die copyen sollicher keiserlichen bevelhe von unsernwegen gerichtlich ingelegt, aber das cammergericht nichtdestoweniger zu verachtung der ksl. Mt. bevelh wider uns fortgefaren und nit stillsteen wöllen, daruff dann gevolgt, das gedachter unser anwald den ufferlegten eyd gethon und zu Gott dem allmechtigen, das er zu den artickeln, durch den fiscal in gemelten purgationsachen wider uns ingebracht, vermittelst diser wort, das er glaub, dieselbigen war oder nit war sein, antwurten wöll, geschworn, aber der fiscal, daran kein benuegen haben wöllen, sonder begert, das unser gemelter anwaldt den eyd vermög der ordnung erstatten, nemlich und nit allein zu Gott, sonder auch zu den heilligen a (als ime Gott helf und die heiligen)–a schweren soll, wölliches sich dann, wie billich und unser religion vermag, ze thun, unser anwaldt gewidert und gemeint, mit Gottes zeugknus dem eid gnug gethan haben, daruff der fiscal die sach zu des richters erkanntnus gestellt, demnach uff Frytag, den 6. tag May, durch das camergericht publiciert und bescheid gegeben ist, das der eyd, durch unsern gesanten jungster audientz erstattet, nit angenomen, sonder erkennt, wa er denselbigen in gewonlicher form nit erstatten wurde, das alßdann uff des fiscals begern ferer ergeen soll, was recht ist, wie dann eure L. und ir uß bygethonem recess zu vernemen haben.

Dieweil nun hierin wir mit sonderm uffsatz durch das camergericht uberylt werden wöllen und dann gemelten eyd mit gutter gewissen von unsernwegen nit thun lassen mögen, dann dardurch stunden wir unser gethanen protestation und recusation aller religionsachen halber, vor dem cammergericht verschiner zeit beschehen, ab. Auch were söllichs wider aller unser religionsverwanten churfursten, fursten, hern, stend und stett confession und appologien, darin dann ußtruckenlich bekennt, das die anrueffung der heilligen wider Gott und den verdienst Cristi. Nun werden aber in des cammergerichts eid die heilligen nebend Gott gesetzt, als ob nit gnug were, wann von unsernwegen by Gott geschworn, sonder muesten zu Gottes volkomenheit und mererm glauben die heilligen auch genennet und angerueft werden, das doch wider die erst tafel Mosi, den glauben in Cristum, unsern heren, und in dem rechten nit also versehen, und wurdet einem Juden in des reichs ordnung nit wytter, dann by Gott seinen eid zu erstatten, ufferlegt, und in söllichem fal ein Jud vil bas dann ein fromer crist bedacht, hierus dann volgt, das dise purgationsach von wegen angezogenen eids in ein lutter, pur religionsach verwendet wirdt, und indem das cammergericht wider der ksl. Mt. jungst gegebenen fridstand, darin mit ußtruckten worten verbotten, das sie in der religion und daruß fliessenden sachen jetzt werenden reichstags und, bis ein anders gemacht, kein neuerung furnemen söllen, fursätzlich handlet und damit nit allein uns, sonder auch eure L., euch und andere unser eynungsverwante stend beschweren thund, so ist dem allem nach an eure L. und euch unser gantz freuntlichs bitten und gnedigs begern, die wöllen dise beschwerden fur sich selbs erwegen als die, so wider das cristenlich und freuntlich gesprech jetzt zu Regennspurg durch das cammergericht furgenomen und unser religon nachteilig, und by der röm. ksl. Mt., unserm allergnedigsten herren, mit vleiss anhalten helfen, das ir Mt. gegen ernentem cammergericht diser unser beschwerden halber ein ernstlich insehens haben und zu abschaffung diser neuerung ernstlichen und furderlichen bevelhe thun, die gentzlich cassiern und undergryffen wölle, dann wir uns sunst hierin keines göttlichen, cristenlichen und keiserlichen rechtens nye geweigert, uns aller billicheit beflissen, auch demselbigen als ein gehorsamer furst des reichs irer Mt. zu underthenigstem gefallen und gehorsam zu geleben geneigt. Ob aber irer Mt. bevelhe by dem cammergericht nicht wurcken oder ir Mt., gedachten bevelh ze thun, weigern wurd und wir mitlerzeit, so wir by den heilligen nit schweren lassen wurden, durch das cammergericht wider uns uff die acht procediert und wir in noch mergklicher beschwerden gefüert werden wolten, euer L. und ir wollen dise sachen als pur religionsachen erkennen, annemen und dann berattschlagen und handlen, wie denen begegnet und wir vor fererm nachteil und schaden verhuet werden mögen2.

Datum Calw, den 18. tag May anno 41.

Anmerkungen

1
  Hg. Ulrich hatte bereits Anfang April die beiden Bundeshauptleute über die angeblich parteiliche Verfahrensweise des Kammergerichts in ihn betreffenden Prozessen informiert, vgl. Hg. Ulrich von Württemberg an Lgf. Philipp von Hessen und Kf. Johann Friedrich von Sachsen, Stuttgart, 1541 April 5, Stuttgart HStA, A 262 Bü. 632, fol. 53r–60r (Kop.).
a
–a V. a. Hd. nachgetr.
2
 Mit einem mut. mut. gleichlautenden Schreiben wandte sich Hg. Ulrich auch an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, Calw, 1541 Mai 18, Stuttgart HStA, A 262 Bü. 632, unfol. (Kop.). Vgl. auch Hg. Ulrich von Württemberg an Pfgf. Friedrich, Calw, 1541 Mai 19, Amberg StA, Reichssachen 87, unfol. (Ausf.): Wird sich in einigen Angelegenheiten an den Kaiser wenden und um dessen Hilfe bitten müssen. Wa nun die handlungen dahin komen und unsern verordnetten rätten, so wir jetzt zu Regennspurg haben, derenthalb bevelh thun wurden, so ist demnach an euere L. als unsern freuntlichen, lieben öheim, schwager und bruder unser gantz freuntlich und bruederlich bitten, die wöllen also unsere sachen und unsere rätt, wie sie dann bevelhe haben werden, euere L. hierin underthenig anzesuchen, by röm. ksl. Mt., unserm allergnedigsten hern, freuntlich und bruederlich furdern und unserm vertruwen nach also helfen handlen, damit wir als ein gehorsamer furst des reichs by unsern herlichkeitten, recht und gerechtigkeitten gehandthabt werden und auch wir an ir ksl. Mt. ein gnedigsten hern spuren mögen. Datum Calw, den 19. tag May anno etc. 41. Vgl. auch Lgf. Philipp von Hessen an den württembergischen Rat Bernhard Göler, 1541 Mai 24, Sattler, Christian Friedrich: Geschichte des Herzogtums Wuertenberg unter der Regierung der Herzogen, 5 Bde., Tübingen 1769–1772, Bd. III, Beylagen zum Dritten Theil Nr. 57, S. 231: Hat die Frage der württembergischen Eidesleistung, über die ihn Göler unterrichtete, Pfgf. Friedrich und Granvelle mitgeteilt, die darab kein gevallens gehapt. Ihr und sein Rat lautet, dass Hg. Ulrich eine Supplikation an den Kaiser richten solle. Will die Supplikation persönlich dem Kaiser überreichen und umb bescheid anhalten. Vgl. außerdem die schmalkaldischen Verbündeten an Hg. Ulrich von Württemberg, Regensburg, 1541 Juni 7, ebd. Nr. 58, S. 232–233: Eine Minderheit unter ihnen kann in der Frage der württembergischen Eidesleistung nicht definitiv votieren und muss erst Weisung einholen. Empfehlen vorab, unter Bezug auf die Rekusation und die ksl. Suspension gegen die Eidesforderung des Kammergerichts zu protestieren; dies. an dens., Regensburg, 1541 Juli 3, ebd. Nr. 59, S. 233–234: Sind alle der Auffassung, dass die württembergische Eidesleistung als Religionsfrage zu behandeln ist, für die die Bündnisverpflichtung gilt; Hg. Ulrich von Württemberg an Kf. Johann Friedrich von Sachsen, Nürtingen, 1541 Juli 11, ebd. Nr. 60, S. 234–235: Das Kammergericht bleibt in der Frage der Eidesleistung unnachgiebig. Stellt deshalb Antrag auf Hilfe der Schmalkaldener gegen gefährliche Folgen seiner Verweigerung des Eides auf die Heiligen.