Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Köln HASt, Köln und das Reich 218, fol. 287r–309r (Kop.); ÜS: Anno 1541 reichstage zu Regenspurg.

Uff der ksl. und auch der kgl. Mt. insonders geschehene propositiones, betreffende die vergleichung der strittigen religion und dann auch ein eilende hilf wider den türcken (bey dern eröffnung dann der erbaren stett gesandten wie andere stende zugegen gewesen) hat sich gleich alsbald in furgenommener berathschlagung ein trennung und spaltung zwischen den stenden des reichs zugetragen, also das sich Kff., Ff. und andere stende der augspurgischen confession und sonderlich die, so der synawaldischen[sic!] ainigung zugethan, (welche man fast samentlich die protestierenden stende genent) und dann uff dem andern theil die churfursten, fursten, prelaten und graven der alten oder bäpstischen religion zusamengezogen und jedes theil in gehapten, sondern rethen seine andtwurt, mit was maß sie die begerte eilende hilf wider den Türcken bewilligen wolten, berathschlagt, auch also der ksl. und kgl. Mtt. underschidlich ubergeben und fürpracht. Darauß dann ervolgt, das die erbaren frey- und reichsstett, so gedachter religionsainigung oder protestation verwandt (dern gleichwol der grösser theil gewesen), bemelten irn mitverwandten Kff., Ff. und stenden sich durch ire gesandten dises reichstags durchauß anhengig gemacht und also neben und mit denselben die sachen berathschlagen und andtwurt geben helfen, alda sie dan auch nach irer vergleichung ire session und stimmen gehabt haben.

Aber gegen der ubrigen stetten, so der protestation nit verwandt, ist es dises reichtags von den Kff., Ff. und stenden irer religion oder, so der protestation auch nit anhengig, gehalten worden, wie hernachvolgt: Als nemlich, nachdem gedachte churfursten, fursten, prelaten und graven, so der protestation nit zugethon, mit irer andtwurt und bewilligung, so sie, der ksl. und kgl. Mtt. der begerten hilf halb zu geben, bedacht, fertig gewesen, haben sie allererst Montags am 27. Junij vormittag die gesandten der stett, so, wie gehört, irer religion oder der protestation nit anhengig, fur sich erfordert und inen sollich ir bedachte und beschlossene andtwurt fürhalten lassen. Dern haben die bemelten unprotestierenden stett abschrift und bedacht gepetten, damit sie sich irer obern notturft nach auch darauf wüssten vernemmen zu lassen. Und wiewol inen nhun solche abschrift nit verwaigert, indem das solche bedachte andtwurtschrift nachmittag ingemein von den unprotestierenden stenden oder dern schreibern abgeschriben worden, so haben doch hoch- und wolermelte churfursten, fursten, prelaten und graven noch desselben tags abents zu siben uhrn zu den stetten geschickt und inen anzaigen lassen, das sie, die stende, entschlossen, ehegemelte ire schriftliche andtwurt des andern tags, nemlich Dinstags zu morgen der ksl. Mt. zu uberandtwurten, dann ir Mt. in ansehung der nott umb eil und furderung angehalten. Haben also unerwartet und ungehört der stett meinung und bedachter notturft der ksl. Mt. mehrgedachte, ire verfasste andtwurt [Nr. 182] ubergeben.

Und nachdem solches geschehen, haben eegedachte Kff., Ff. und stende noch desselben tags uff den abent den stetten durch sechs auß inen, den stenden, darzu verordente personen anzaigen und erpietten lassen, wo die stett in irer, der stende, ubergebner andtwurt etwas beschwerden zu haben vermeinten, weren dieselben sechs personen verordent, solche beschwerden von inen zu vernemmen. Dieweil aber solches vergeblich und als für einen unnottwendigen uberfluß bei den stetten geachtet, dieweil sie gewußt, das ir, der stende, andtwurt der ksl. Mt. schon desselben tags uberandtwurt gewesen, haben sie sich darauf gegen inen, den chur- und fürstlichen verordenten, nichts weitters einzulassen gewußt und sich gleichwol gegen denselben diser ungewonlichen neuerung und außschliessung, das, irer ungehört, also furtgeschritten wurde, beschwerdt, dieselbig geandet und geefert und demnach ein schrift an die ksl. Mt. gestelt und irer Mt. 29. Junij ubergeben, darinnen sie nit allein ire bedachte meinung und andtwurt der begerten hilf halben wider den Türcken underthenigist furpracht, sonder auch sich diser ungewonlichen und ungepürlichen ausschliessung, so inen von den obern stenden begegnet, beclagt und umb gnedigste abschaffung gepetten, wie solches die nachvolgendt schrift im buchstaben ferrer außweist. Der stett, so der protestation nit verwandt, sondere andtwurt mit einverleibter beclagung begegnetter ausschliessung, der ksl. Mt. 29. Junij ubergeben1. [...].

Es haben auch neben disem der eebemelten stett gesandten nit underlassen, gleich des andern tags, nemlich ultima Junij, sich bey Kff., Ff. und andern obern stenden dieser obbemelten ausschliessung schriftlich zu beclagen mit inverleipter ersuechung und pitt, sich dergleichen beschwerlichen neuerung hinfurter zu enthalten etc. nach laut nachvolgender schrift2. [...].

Und nachdem die hieob beschribne der stett an die ksl. Mt. gestelte supplication oder andtwurtschrift volgender zeit von irer Mt. Kff., Ff. und andern stenden des reichs zugestelt worden, haben sie darauf irer Mt. diese nachvolgende schrift uberraichen lassen, welche dann further auß irer Mt. bevelh der stett gesandten zugestelt worden, also lauttende3: [...].

Diese erstgemelte der stende andtwurt oder bericht ist furter von den unprotestierenden stetten, nachdem es eine gemeine handlung und nunmer nit allein sie, sonder alle andere stett mit angetroffen, an der ubrigen stett gesandten auch pracht und darauf von inen samentlich nachbemelter gegenbericht oder replica verfasst und verglichen und der ksl. Mt. am 13. Julij ubergeben worden, also verlauttende4: [...].

Wiewol nun die ksl. Mt. volgendts disen negstgemelten der stett gegenbericht oder replicam Kff., Ff. und andern obern stenden widerumb zustellen lassen, so ist doch darauf von iren kfl. und fstl. Gn. nichts weitters ervolgt noch einige schrift oder ableinung (davon die stett wissens haben) gepraucht, sonder seind sie, die stende, mit berathschlagung der sachen irem angemassten geprauch nach furtgeschritten. Und als sie in puncto religionis sich einer andtwurt oder bedenckens, der ksl. Mt. uff das zugestellt buech und der colloquenten gepflogene underrede etc. zu geben, veraint und entschlossen, (wie von dem und anderm bey registratur der gehaltenen reichstäg ferrer bericht zu finden) haben sie die stett irer profession, nemlich die unprotestierenden, für sich erfordert und inen dasselbig als für iren beschluß eröffnet mit dem anzaigen, das sie, die stende, bedacht weren, solche ire verfasste schrift nach mittag der ksl. Mt. zu uberandtwurten, darzu möchten sie, die stett, die iren auch verordnen.

Nachdem aber die beratschlagung dieser ding gantz ausserhalb irer, der stett, beschehen und sie nit darzu gezogen noch in irer notturft gehört worden, haben sie sich zu verhüettung, das sie hierdurch den stenden nit etwas stillschweigendt einraumen und sich irer herprachten gerechtigkeit begeben thetten, enthalten, bey ubergebung negstgemelter andtwurt zu sein oder jemandts auß den iren darzu zu verordnen, sich auch dieser zugefüegten ausschliessung und furgenommener neuerung gegen den stenden nachmals wie zuvor auch beschwert und daneben, gleichwol ad partem, dem H. von Naues, der ksl. Mt. vicecantzler, durch etliche ire darzu verordenten, warumb sie hierzu nit verordnet, auch dabey anzaigen lassen, das sie inen ermelt der stende bedencken in puncto religionis nit liessen mißfallen, ausserhalb dessen, das sie von iren obern keinen bevelh hetten, die protestierenden stende in ichten zu verunglimpfen, sonder bitten, das die ksl. Mt. zwischen beiden theilen gnedigist die vergleichung suechen wollte etc.

Item, unlangs hernach, als sich in disem puncten religionis die ksl. Mt. uff beiderseits religionsverwandten stende underschidliche bedencken resolvirt und darauf bey inen abermals spaltige meinungen (so in schriften verfasst) furgefallen, seind die stett, der protestation nit verwandt, (dann die andern wie obgemelt allenthalben iren mitconfessionsverwandten stenden angehangen) am 17. Julij fur etliche chur- und furstliche verordenten in die gemein rhattstuben erfordert und inen daselbst gemelte zwue underschidliche andtwurten furgehalten und zu verlesen angepotten worden. Dieweil aber solche schriften etwas lang und den gesandten der ehegemelten stett, ire notturft darauf also in eil einzunemen und zu fassen, nit wol müglich gewesen, haben sie abschrift und einen kleinen bedacht mit erpiettung, sich furderlichist darauf wider vernemmen zu lassen, begert. Solches ist inen aber beides abgeschlagen, allein mit der stumpfen vermeldung, das sie, die verordenten, keinen weittern bevelh hetten, dann inen, den stetten, die schriften zu eröffnen und fürzulesen. Seind also die gedachten andtwurten [Nr. 146, Nr. 149] further der ksl. Mt. durch sie, die andern stende, ausserhalb und ungehört der stett fürpracht worden. Darumb der stett gesandten geursacht, ir andtwurt und meinung in berurtem puncten religionis und auch des cammergerichts halb der ksl. Mt. in einer schrift (wie zur notturft auß derselben zu vernemmen) abermals zu ubergeben, welche schrift dann, sovil hieher gehörig, nemlich der stett stand und stimm etc. oder begegnette ausschliessung belangendt, disen nachvolgenden anfang und ende gehabt5. [...].

Solche schrift oder anlangen hat aber gleich so wenig als das ander obgemelt etwas verfangen, darumb dann abermals und gleich als zum uberfluß der stett gesandten der ksl. Mt. diese hernach beschribne kurtze anmahnung und erinnerungsschrift 25. Julij ubergeben und gepetten, das doch ir Mt. vor irem abraysen (welches vor augen gewesen) inen gepürende abwendung irer beschwerden gnedigist verfuegen und verschaffen wollte etc., ferrern inhalts solcher schrift, also lauttende6: [...].

Aber es ist auch diese anmanung der stett halben vergebens und unfruchtbar gewesen, und hat die ksl. Mt. in puncto religionis, auch friden und rechtens zwischen beiderseitz confessions- oder religionsverwandten stenden particularunderhandlung und -tractation pflegen, auch etliche notteln und moderirte articul stellen und darauf zu dem abschid greiffen lassen und sonderlich den stenden der protestation verwandt (denen dann wie obgemelt die stett gleicher profession durchauß angehangen) mit einer sondern gegebnen nebendeclaration also iren willen gemacht, das sie darauf und anderst nit den abschid gewilligt und angenommen.

Dieweil aber die gesandten der ubrigen, hoc est der unprotestierenden stett, wie hieoben außgefurt, dises reichstags uber alles ir supplicirn, begern und ansuechen mertheils von allen berathschlagungen wider alt herkommen außgeschlossen, und es Kff., Ff. und andere obere stende dafür halten wöllen, was sie beschliessen und den stetten fürhielten, das sie demselben stracks, auch irer notturft unverhört, zu verfolgen schuldig sein sollten, haben sich dieselben der siglung oder beliebung des abschids (in sonderheit, dieweil auch derselbig gantz ausserhalb der stett berathschlagt und in die feder pracht) geeiffert und verwaigert. Derwegen dann, gleichwol nach abraisen der ksl. Mt., aller stett gesandten ingemein vor die kgl. Mt. beschickt und durch ir Mt. mit allerhandt furgewendter entschuldigung, einbildung und persuasion bey und mit inen gehandelt und angehalten worden, solchen abschid wie andere stende auch anzunemen und mitzusiglen etc. Darauf ist irer kgl. Mt. von den stettgesandten ungeverlich dahin geandtwurtet, das die stett, der protestation und augspurgischen confession verwandt, den abschid mit massen wie andere ire mitverwandten stende eingangen, darumb sie die siglung nit zu waigern begerten. So weren etlich der andern stett, die solche siglung auch leiden möchten. Aber den gesandten der stett Cöln, Metz, Wormbs und Speyer wollte beschwerlich, auch bey iren oberkeitten verweißlich fallen, dieweil inen nit eigentlich wissent, was der verfasste abschid inhielte, und sie auch desselben von Kff., Ff. und andern stenden weder abschrift noch besichtigung erlangen hetten mügen, denselben zu- oder abzusagen oder in desselben versiglung zu bewilligen. Also und dieweil sich dann ehegemelter vier stett gesandten weitter nit begeben wöllen, hat die kgl. Mt. inen zugelassen, sich in schriften nach irer gelegenheit des abschids halben zu protestiern, mit weitterm gnedigstem erpietten, bey der ksl. Mt. diese sach zu befurdern und fur sich selbst daran zu sein, damit die geclagte der stett beschwerung, sovil müglich, abgewandt und sie ihres standts nit entsetzt wurden etc.

Und ist demnach gemelter abschid auß zuelassung und bevelh der ubrigen stett von einem erbarn rhatt zu Regenspurg in namen gemeiner stett neben Kff., Ff. und andern stenden des reichs besigelt worden. Aber di gesandten der negstbestimpten vier stett haben diese nachvolgende schriftliche protestation wider den abschid gethon und in die meintzisch cantzley ubergeben, also lauttendt7: [...].

Nota: Es geschicht in dem articulirten der stett libell, so anno 44 zu Speier der ksl. Mt. ubergeben, meldung, das uff gegenwürtigem reichstag der stett gesandten dannocht auch im ausschuß gewesen, welches ich alhie anzuregen auch nit underlassen wöllen, dann ich gleichwol dessen sonst bey den actis keinen bericht noch anzeig befunden 8.

Anmerkungen

1
 Das hier fol. 288r–291r folgende Aktenstück ist unter Nr. 209abgedruckt.
2
 Das hier fol. 291v–293v folgende Aktenstück ist unter Nr. 210abgedruckt.
3
 Das hier fol. 294r–296v folgende Aktenstück ist unter Nr. 211abgedruckt.
4
 Das hier fol. 297r–303r folgende Aktenstück ist unter Nr. 212abgedruckt.
5
 Das hier fol. 304v–305v folgende Aktenstück ist unter Nr. 150abgedruckt.
6
 Das hier fol. 305v–306v folgende Aktenstück ist unter Nr. 213abgedruckt.
7
 Die hier fol. 308r–309r folgende Protestationsschrift ist unten unter Nr. 952wiedergegeben.
8
 Zum Problem des Stimmrechtes der Reichsstädte auf dem Reichstag vgl. auch Huber, Max: Städtearchiv und Reichsstandschaft der Städte im 16. Jahrhundert, in: Ulm und Oberschwaben 35 (1958) S. 94–112.