Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Wien HHStA, MEA RTA 7 Konv. II, fol. 304r–307r (Kop.).

B  koll. Wien HHStA, RK RTA 6, unfol. (Konz.) a.

C  koll. München HStA, KBÄA 3153, fol. 90r- 93v (Kop.); AV fol. 50r: 12. Julij anno etc. 41; DV fol. 93v: Der ksl. Mt. andere schriften, den ständen ubergeben, darauf ir Mt. irn abschied ze stellen vorhabens.

D  koll. Weimar HStA, EGA, Reg. E 138, fol. 94r–98r (Kop.); AS fol. 94r: Ksl. Mt. vorhalten den stenden des reichs den 12. Julij thun lassen, mit antzeig etzlicher artickel zum abschied dienlich. 1541. Regenspurg, 12. Julij1.

Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,2, Nr. 216 , S. 657–660; Pfeilschifter, Acta reformationis catholicae, Bd. III, Nr. 124, S. 390–393; Walch, Bd. 17, Nr. 1385, Sp. 730–733; Corp. Reform. IV, Nr. 2305, Sp. 509–51.

Die röm. ksl. Mt., unser allergnedigister herre, hat auf der Kff., Ff. und stenden und der abwesenden gesandten und botschaften rathlich bedenckhen von wegen der religionsachen alle handlung, so die verordenten collocutores miteinander gepflegt, der bäbstlichen Hlt. legaten communiciert, sein guetbedunckhen darauf zu vernemen, auch demselben legaten diese sach, deßgleichen die reformation, damit dieselb furderlich, wie dann sölchs die hohe notdurft erfordert und auf hievor gehalten reichstägen zu mermallen begert, furgenomen werden mocht, mit sonderm, hohen vleyss bevolhen, auf welche baide puncten der obgemelt bäbstlicher Hlt. legat seine antwordt gegeben, wie die stende hiebey aus zwayen schriften, die er irer Mt. zugestellt, haben zu vernemen.

Dieweil dann ir Mt. in dieser religionsach allen möglichen vleyss furgewendt und nit ermessen kann, das auf disem reichstag ichts weitters gehandelt möge werden, und sonderlich in betrachtung der obgemelten bäbstlichen Hlt. legaten schriften und dieweil man dieser handlung halben nhu mer ein lange zeit hie gewest und gleichwol uber die vielfeltige muhe und arbait, so ir Mt. hierin furgewendt, nichts weitters hat mögen außgericht werden, dieweil auch unsers hailigen glaubens erbfeindt, der Turckh, in trefflicher rustung und übung steet, die christenhait zu wasser und zu landt gewaltigclich anzugreiffen und zu beschedigen, so acht ir Mt. vonnöten sein, das zum furderlichisten zu endtlichem beschluß und abschied dieser reichshandlung geschritten und von wegen der religionsach, auch von frieden und recht im hl. reiche und, wie dieselben volnzogen und gehandthabt, deßgleichen von der eylenden und beharrlichen hilf wider den Turcken beschlußlich gehandelt werde und ir ksl., auch die röm. kgl. Mt. und gemaine stende und ain yeder seines thails hierin seinb vermögen furwende, dem verfolger gemainer christenheit mit stattlichem widerstandt zu begegnen. Und wiewol ir Mt. gern gesehen und von den stenden vernomen hette die wege und mittel, die sy zu frid und recht und handthabung desselben fur guet und dienlich angesehen, wie dann ir Mt. vor etlichen tagen von inen freuntlich und gnedigclich begert, aber gleichwol bißhere kain antwordt empfangen hat, nichtsdestominder, dieweil die höchst not vorhanden ist, damit sich dann ir Mt. dem Turcken zu widerstandt und abbruch in gegenrustung schicken und gefasst machen möge, so hat dieselb fur guet angesehen, den stenden diese nachvolgende maynung als zu dem abschied dises reichstags dienlich furzeschlagen:

Nemblich in ansehung der vielfeltigen muhe und arbait, so in der religionsach nhun ein lange zeit here furgewendt, und, damit dieselb nit von neuem in strittigkait gezogen, auch ferrern unrath zu verhuetten und zu furkumen, und damit so vil desto weniger zwispalts gelassen, auch hinfuro mit hilf des almechtigen zu entlicher vergleichung der ubrigen strittigen artickel desto leichter geschritten werden mög, ob fur guet angesehen werde (doch des augspurgischen abschieds unbegeben), die puncten, der sich die colloquenten baiderseits verglichen haben, also fur guet zu halten und es dabey beleiben zu lassen, zum wenigsten biß auf das nechstkunftig gemain concili, dem die entliche erörterung dieser und der andern puncten vorbehalten sein solle (dieweil der bäbstlichen Hlt. legat das auch selbs fur guet ansiecht), sofer das gemain concili furderlich gehalten wirdet, wie dan desselben legaten schriften mitbringen und er des vergwisset, oder so lang, das sonst durch gepurliche wege mit bewilligung und vergleichung der stende andere ordnung und fursehung beschiecht und aufgericht wirdet2.

Ob auch fur guet angesehen, im fhal, so das concilium nit furderlich gehalten und in das werckh gepracht werden solt, wie dann solches die notdurft der religionsach zum höchsten erfordert, das alsdann ain ander gemaine reichsversamblung beschrieben wurde, von wegen der religionsachen ferrer handlung furzunemen und die zu gepurlicher endtschaft zu furdern und zu bringen, daran ir Mt. ires thails auch nichts erwinden lassen wolt. Und ist der maynung, aufs furderlichist, so immer muglich, mit verleihung des almechtigen sich widerumb in das hl. reich teutscher nation zu verfuegen und in allem dermassen zu erzaigen und zu beweisen, wie ainem christenlichen kayser gepurdt und wol ansteet. Und ist auch bedacht, sich yetzo furderlich zu bäbstlicher Hlt. zu verfuegen und von derselben aigentlich zu vernemen, was des concili halben zu verhoffen sey3.

Es sollten auch mittlerzeit alle truckh, neue puecher und schriften, die religion belangendt, deßgleichen alle schmechschriften, es sey von wegen der religion oder anderer sachen halben, zu trucken oder außgeen zu lassen, bey schweren peenen verpotten werden.

Das auch mittlerzeit der nurmbergisch fridstandt steet und vest gehalten wurde und ain standt gegen dem andern thattlicherweiße nichts furnemen noch den andern des seinen entsetzenc oder beschweren und ksl. Mt. yetzo alsbaldt von wegen des mißverstandts und beschwerung, so in demselben friedstandt eingerisen, wie nach gestalt und gelegenhait der sachen und des zwispalts, der sich zwischen den stenden erhelt, fur leidlich angesehen wurde, declarieren sollt, mit vorbehaltung weitterer erclerung, die ir ksl. und die röm. kgl. Mtt. oder irer ainer, so im hl. reiche teutscher nation gegenwurtig sein wurde, kunftigclich auch zu thuen haben sollten, auch des augspurgischen abschiedts unbegeben.

d Item, das das kayserlich chamergericht bey seiner auctoritet, gewalt und jurisdiction, wie solchs hievor mit rath und zuthuen gemainer stende veror dent und aufgericht ist, beleiben und dabey gehandthabt, auch dem von allen stenden gehorsam geleist werden soll. Und ist daneben irer Mt. begeren, das gemaine stende versehung thuen wellen, dieweil ir ksl. Mt. dasselb chamergericht nun ein lange zeit here auf iren aigen costen underhalten hat und demselben noch etlich quartal an seiner erdienten besöldung hinderstellig sein, damit dasselb chamergericht sölcher hindterstelligen besöldung auf ir, der stende, costen und darlegen entricht und kunftigclich gleichermassen underhalten werde, in ansehung, das ir Mt. dasselb eine guete zeit here allain mit schwerem costen, wie obsteet, underhalten hat–d. Und ob die stende fur guet ansehen, das die visitation des gemelten chamergerichts beschehe, so möchte dieselb furgenomen werden nach ordnung, so hievor derhalben gemacht und aufgericht ist.

Irer Mt. freuntlich, gnedig begeren ist auch nochmals an gemaine stende, das sy die eylende hilf on weittern aufschub völligclich laisten wellen in ansehung der hohen notdurft und das von der beharrlichen hilf furderlich gehandelt und beschlossen werde, damit weitter verderblichere schad und nachtail, der sonst dem hl. reiche teutscher nation erfolgen möchte, dardurch verhuet und verkhomen werde.

Das auch gemaine stende nachgedencken wellen, was der muntz und anderer puncten halben, im außschreiben ditz reichstags vermeldt, ze thuen und furzunemen sey.

Und ist hierauf irer Mt. freuntlich, gnedig synnen und begeren, das Kff., Ff. und stende wellen in allen vorgemelten puncten one underloß handlen, dieselben aufs vleissigist erwegen und erledigen, damit man furderlich zu endtlichem beschluß und resolution des abschiedts komen mog, in ansehung obgemelter ursachen und, das solchs die notdurft zum höchsten erfordert4.

Anmerkungen

a
 Die Erstfassung in B ist stilistisch sehr stark überarbeitet. Diese zahlreichen stilistischen Varianten werden im textkritischen Apparat nicht berücksichtigt.
1
 Eine französische Übersetzung des Stücks findet sich in Wien HHStA, Belgien PA 31/4, fol. 164r–165v (Kop.) und Wien HHStA, Hs. weiß 14/2, fol. 98r–99r (Kop.).
b
 In B danach: eusserst.
2
 Zum ksl. Toleranzprojekt vgl. Anm. 4 zu Nr. 102. Vgl. auch die ksl. Erklärung zur Konzilsfrage, [Regensburg, 1541 Juni 27], Ehses, Conc. Trid. Bd. IV, Nr. 150, S. 196–197: Ad ea, quae Rmi Dni legatus et nuntius Sanctissimi D. N. declaraverunt Suae Maiestati de voluntate Suae Sanctitatis super celebratione concilii generalis, Sua Mtas  sibi persuadet, quod si Sua Sanctitas constituit illud celebrare, id ita fiat, ut is effectus sequatur, quem res postulat, supplicatque ab eius Sanctitate Sua Maiestas, ut sic illud instituat, ut sancta piaque et efficax sit illius conclusio. Qua in re Sua Mtas tamquam ea, quae tam multo ante illud desideravit et petiit, offert eam omnem operam, quam pro suo officio debet. Cum autem, etiam si celebretur concilium et is finis, qui supradictus est, secuturus speretur, tamen necessarium sit prospicere et nunc et interea, dum id fiat, negotiis religionis et communi paci et concordiae in hac Germania, dum exspectabitur interea, num quis melior successus ex concilio sequi possit: eius Sanctitatem Caes. Maiestas vult esse admonitam, daturam se una cum consilio et auxilio ordinum sacrosancti Imperii diligentem ad hoc operam et sperare se atque confidere, Rmum D. legatum omni officio ad id accomodo usurum esse, cum et necessitatem huius tractationis intelligat, et incommoda, quae alioquin necessario et sine ullo dubio sequentur, aperte cognoscat.
3
 Vgl. die Kritik des Legaten an den ksl. Ausführungen zur Religionsfrage, Contarini an Farnese, Regensburg, 1541 Juli 17, Pastor, Correspondenz, T. II, Nr. 112, S. 495–497. Diesem Schreiben lag offenbar folgende Eingabe Contarinis an den Kaiser, Regensburg, 1541 Juli 17, bei, Brieger, Aus italienischen Archiven, Nr. VIII, S. 600: Sacra caesarea M. Io intendo, che li Principi Elettori et altri sono fra se discordi nella approbatione delli articoli della Religione, nelli quali li collocutori sono concordati fra loro. Vestra M per la sapientia sua et per quanto fu da me discorso hieri, vede di quanta importantia et di quanto pericolo saria questa approbatione, et che l’authorità di farla non apertiene alli Principi, ne ad altri, ma solo al Pontifice, il quale però non credo, che si toglesse questo carico senza gran consulta. Però la supplico, que si degni di fermarsi sopra quello, die che ella ne dete hieri intentione, cio è che non si facci probatione alcuna, et in sua bona gratia humilmente mi raccomando. Vgl. dazu auch die Wiedergabe des Schreibens Contarinis an Farnese vom 17. Juli 1541 bei Dittrich, Regesten und Briefe, Nr. 814, S. 215–216, hier S. 216: [...]. Volsi ricordarli, quanto havea detto circa questo, et così li mandai l’allegata cedula. Vgl. außerdem Contarini an Farnese, Regensburg, 1541 Juli 19, Schultze, Actenstücke, T. I, Nr. 11, S. 180–181, hier S. 180.
c
 In B danach: vergwaltigen.
d
–d In B korr. aus: Und das das ksl. camergericht in seinem gewalt, jurisdiction und gerichtzwang, wie solhs hievor durch gemaine stende vorordent und gegeben ist, bleiben und dabey gehandthabt, auch dem von allen stenden gehorsam gelaist werden solle, auch auf der stende costen und darlegen underhalten werde, in ansehung, das ir Mt. dasselb bisher auf iren aigen costen underhalten hat.
e
 In B danach: und unwiderbringlicher.
4
 Vgl. die Aufzeichnung zur ksl. Vorlage vom 12. Juli 1541, [Regensburg], o. Datum, Hannover NLA, Hild. 1 Nr. 78, fol. 132r–133v (Tetleben eighd.?): [...] Extractus ex scriptura caesaris: Legato communicavit negotium religionis et egit cum eodem de facienda reformatione cleri, ad utrumcunque articulum legatus [respondit]. Conclusio fiat super articulis infrascriptis. Religionis. Fride und recht im reich und derselbigen handthabung. Ilende hulf. Beharlich hulf. Religio 1. Intencio caesaris est, quoad religionem, das de puncten, so sich de colloquenten vergleigen, alßo fur gudt zu halten und darby bleiben zu lassen ad [minus]usque ad futurum concilium, [in]quo tunc diffinetur iidem et alii articuli, deweil bapstlicher Hlt. legat das auch selbst vor gudt ansicht, uti in cedula sua apparet, doch deß auspurgischen absceydts unbegeben, ita tum quod concilium brevi celebretur aut alia via quaeratur ista puncta componendi. Et si concilium non brevi celebreretur, quod alia dieta imperialis fieret et in illa negotium fidei componeretur et de hoc ulterius tractaretur. [... ... ... ...?] redeundi ad imperium. Interim nullae scripturae novae religionem concernentes imprimentur nec etiam libelli famosi, et hoc prohiberetur. Freidstandt [sic!]et de restitucione bonorum ecclesiis et monasteriis ablatorum. Norenbergisch frydtstandt soll mittlerzeit vest gehalten werden et de facto unus alium spoliare non debet nec aliquid attentare. Des mißverstandt in demselbigen friedstandt ingerissen, will ir ksl. Mt. vergleygen und declariren midt vorbehaltung weitter erclerung per se aut [regem] [Romanorum]faciendam, auch des auspurgischen absceydt unbegeben. Camergericht 3. Camergericht soll bleyben by seyner autoritet, cui omnes status imperii obedient, doch das de stende vorsehung thun wolten, das zu underhalten das hinderstellig beczalt und hynfurther uff der stendt costen auch underhalten werde. De visitacione des camergerichts, ut prorsus est ordinatum. [Ilende]turkehulf. 4. Ilende hulf widder den Turken gefertigt werde forderlich. 5. Müntz. 6 Politii. 7 Beharlich hülf in pr[imo] scripturae caesaris. – Vgl. auch Charles Boisot an Kgn. Maria, Regensburg, 1541 Juli 12, Wien HHStA, Belgien PA 30/2, fol. 290r–291v (Ausf.): Madame, l’empereur a déclaré ce matin aux estatz, qu’il avoit ordonné son partement dans 13 ou 14 jours et leur a mis aulcuns moiens en avant pour conclure tant sur le faict de la religion que sur l’aide et secours contre le Turcq. Et ne me semble pas, que sur ladite religion y aura aultre conclusion que remectre les différens d’icelle au futur concile ou à la première diète impériale, à laquelle sa Mté a offert s’en trouver en personne le plus tost que faire poura. L’aide hastifve est accordée par tous les estatz tant catholiques que protestans, mais lesdits protestans adjoustent à leur accord des conditions, que durant ledit secours ou aide et mesmes le temps de six mois ilz aient paix et ne soient travailléz par la chambre impériale et que la suspension des bans accordée à la convocation desdits estatz soit jusques lors continuée, aussi que chacun puist aler [sic!] et venyr seurement nonobstant lesdits bans et poursuivre, demander et déffendre leur causes en justice et que le duc de Brunsvyc lève l’empeschement, que donne aux habitans de Brunsvyc et Goslaer, à qu’ilz puissent et qu’ilz puissent entrer et sortir et amener vivres tout ainsi comme s’il n’y avoit nulz bans pronunchéz contre eulx, lesquelles conditions donnent quelque retardement, mais j’espère, qu’en trouvera expédient et que l’affaire s’achèvera. [...]. De Regensbourg, le 12. de Juillet 1541. Vgl. auch Marin Bucer an Lgf. Philipp von Hessen, Regensburg, 1541 Juli 14, Lenz, Briefwechsel, Bd. II, Nr. 124, S. 26–27, hier S. 27.