Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Marburg StA, PA 650, fol. 343r–348v (Ausf.).

Er hofft, dass Lgf. Philipp den Vortrag des Mainzer Kanzlers im Namen der altgläubigen Reichsstände (Nr. 166) erhalten hat. Die evangelischen Reichsstände einigten sich auf eine Antwort auf den Vortrag (Nr. 168), die er nun gemeinsam mit einem Ausschussgutachten der Evangelischen (Nr. 167) übersendet.

Und als unsere stende im rath solcher anthwort halben versammelt gewesen, hat der H. von Naves nach mir geschickt und mich von ersten gefragt, wie doch und warauf die handlungen nuehmehr stunde. Daruf ich ime widerumb geanthwort, das wir eben jetzt in handlung weren, den andern stenden auf ir neher furpringen anthwort zu geben, welche nochmaln in effectu vorigen diser stende schriften gemes gestelt weren, also do die andern stende die ksl. declaration [RTA JR Bd. XI, Nr. 949] wurden bewilligen ader die nit anfechten, further auch die personen des chammergerichts amovirt und darauf die visitation und reformation vermoge der ksl. declaration beschehen solt, so mocht man zu beratschlagung der andern puncten und sonderlich der thurckenhulf greiffen.

Dagegen hat mir der H. Naves widerumb angezeigt, das er sich versehe, sie, die andern stende, werden die sachen der declaration halber dahin richten, das wir zufriden sein sollten, dann Pfaltz werde dieselb declaration passiren lassen und sehen fur gut ahn, das sie in abschidt gepracht und demselben einverleipt werde, dieweil sie nichts dann alle pillichait uf ir truege.

Die andern stende liessen sich offentlich vernehmen, das sie der ksl. Mt. declaration nicht wolten anfechten. So hab Meintz zugesagt, dieselb declaration auch nit anzufechten, dann es were Meintz vormahl durch die keyserische gesagt worden, wo er vorgemelter declaration nicht pariren wurde, so wurde er der sein, welcher das har darleyen mußt [= den Schaden davon habe]. Wolten sie nuhn, die andere stende, wann es zur handlung und reformation des chammergerichts kheme, nit pariren und uber die declaration zu irer gelegenhait furfahren wollen, so wurde der keyser auf unserm theil sein und dise dinge als ein röm. keyser handhaben.

Naves spielte auch auf das Wormser Edikt (1521) und den Augsburger Reichsabschied (1530) an, die den Protestanten den Vorwurf der Ketzerei und die Verfolgung durch das Reichskammergericht einbrachten. Trotz des Vergleichs vieler strittiger Artikel im Regensburger Religionskolloquium (1541), welche der Kaiser für Predigt und Lehre freigeben wollte, vereitelten die altgläubigen Reichsstände Bayern und Mainz eine Einigung, weil sie entgegen ihren ursprünglichen Zusagen die Entscheidung dem Papst anheim stellten. Und alß der keyser gesehen und befunden, das die vorgehorte sachen billich gewest, weren ir Mt. bewegt worden, declaration zu geben, welche auch ir Mt. noch fur pillich achten und helt. Solten sie nuhn dise declaration widerfechten, khönten sie gedencken, zu was unrichtigkheit es gelangen wurde. Durch dise handlung und declaration hett ir die ksl. Mt. die bischoff und die andern stende alle zuwider gemacht und wiste ir Mt. wol, das sie ir Mt. im hertzen feindt weren. Gleichwol sey die warheit, das die andern stende von unser declaration also redeten, namblich wan sie die declaration liessen gut sein, so wurden wir, die stende der augspurgischen confession und religion, sie, die bischoff und die andern stende, mit gewalt zu unserm glauben dringen und, do das chammergericht uf die declaration visitirt und reformirt werden soll, so wurden mit der zeyt die personen unser religion daran gefurdert und die sachen dahin khommen, das das chammergericht mit unsers glaubenß personen besetzt und sie eben zu den beschwerden, darin wir jetzo weren, khommen.

Darauf ich ime aber geanthwort, sie hetten doch den landtfriden an der handt, so erstreckte sich auch die declaration dahin nicht. Zudem so khönt man sie jetzo in dem abschidt der ding versichern.

Verner hat auch der von Naves von dem friden und rechten weiter mit mir vertreulich geredt und sonderlich, das die visitation und reformation auf die declaration beschehen solt, das wir auch under der reformation drey commissarios unsers theilß haben wurden, namlich den Kf. von Brandenburg, Mgf. Jörgen und statt Augspurgkh. Darzu solt der keyser ire commissarien ordnen, welchen disen bevelch gegeben werden solt, die visitation und reformation auf die ksl. declaration furzunehmen. Wolte dan Meintz oder andere auf irem vorhaben verharren, so wurden die commissarien sagen und anzeigen, das die declaration umb erhaltung willen der deutschen nation wolfart gegeben, dero auch nachgegangen werden sollte. Wurde nuhn denen, die sie anfechten, darauß etwas ervolgen, das solten sie inen selbst behalten, also das wir, die protestirenden, in unsern votis furdringen wurden. So hette Pfaltz, wie vorgehort, die ksl. declaration bewilligt, zudem das auch Cöln unsers theilß were und wir unß desterweniger nachteilß zu befharen hetten.

Naves kam auch auf die feindlichen Akte des Kg. von Frankreich gegen den Kaiser und auf dessen Allianz mit dem Hg. von Jülich zu sprechen. Er versicherte, dass Karl V. dieses Problem in Angriff nehmen und seine Kräfte zum Krieg gegen Frankreich und Jülich bündeln wolle, danach beabsichtige er, im Reich zu bleiben, da er die Verhältnisse in Spanien durch Einsetzung seines Sohnes geregelt habe. Der Kaiser nehme an, dass die Reichsstände die begehrte Hilfe leisten werden.

Darauf hab ich ime, dem H. von Naves, bericht gethan, das ich dem H. von Granvell zum andern mahl anzeig gethon, was euer fstl. Gn. gemuet solcher hulf halben were: Namblich wo die sachen dohin gepracht, das die zwen puncten frids und rechts erledigt, das ir fstl. Gn. mit den andern stenden handeln und vleis haben wolt, sie zu einer hulf auch zu bewegen, also das ire[r] Mt. mit einer somma gelts geholfen werden mochte. Und obwol solche hulf eins kleinen ansehens, noch dann dieweil unserer stende ein gute anzahl were, so wurde sie auch ein gute somma tragen, welches der H. von Naves gerne gehort. Weiters gab Dr. Fischer Naves zu bedenken, dass eine Erfüllung der protestantischen Wünsche zum Vorteil des Kaisers wäre und das auch ir vermogen statlicher were dan der andern. So wurden auch dise stende ir volck dem Frantzosen nicht lassen zuziehen, sonder dasselb der ksl. Mt. zufurdern.

Naves machte das Angebot, die Evangelischen bei der Erlangung von Friede und Recht weiter zu unterstützen. Betr. die Causa Jülich pochte er auf das alte Anrecht des Kaisers auf Geldern und regte die Bildung eines von ksl. Seite bewilligten Ausschusses an, dem Bayern und Kursachsen nicht angehören sollten.

Naves schlug folgenden Vergleich des Kaisers mit dem Hg. von Jülich vor: Übergabe Gelderns durch den Herzog an den Kaiser, der ersucht werden soll, etliche unpartheyische chur- und fursten zu verordnen, welche die sachen in der gute vertragen ader, do die nit ervolgen solt, rechtlich entscheiden. Abrüstung und Verhandlungen, das ime der keyser, wo das landt nicht gar, doch uffs wenigst ein theil davon, widerfahren lassen oder die sachen sonst durch rechtliche wege erortert und verrichtet werden mochten, dann ohne das, so wurde kein mittel vorhanden sein. So mochte auch der keyser die kosten scheden fallen lassen. Und in somma, so mußt die sach dahin gericht werden, das der hertzog widerumb wie vor zu gnaden des keisers kheme. Wann dann euer fstl. Gn. und Hg. Moritz khemen und den hertzogen zu der ksl. Mt. prächten und er also zu gnaden des keysers widerumb angenohmen, so mochten alle sachen widerumb gut werden.

Und wurde der keyser die gutlich handlung oder rechtlich erkhantnuß in khein weg zu den stenden stellen uß obgemelten ursachen: Dann als wenig wir, die stende der augspurgischen confession und religion, die personen des ksl. chammergerichts khönten erleiden, als wenig khönt der keiser erleiden, das diß gesindt der bischoff und der andern stende in seinen sachen (namblich Gellern belangend) richter sein und ir Mt. sich irer erkhandtnuß underlassen solle. Dann wie vorgehört, so wist ir Mt., das sie ir im hertzen feindt weren.

Daruf hab ich mich zu dem probst von Flatten, dem gulchischen gesandten, verfugt und mit ime als fur mich selbst, unvermerckt woher es khomme, uß der sachen und uf das obgemelt mittel und den schein der sequestration geredt, mit anzaig, ob dis nicht ein wege zu vergleichung der sachen were. Daruf hat er mir abschlegig anthwort gegeben und solchs geweigert.