Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

A Augsburg StadtA, Lit. 1542 (!)2, unfol. (Kop.); ÜS: Evangelischer stend bedencken.

B Frankfurt ISG, Reichssachen II 964, unfol. (Kop.); AS: Ob sich der recusation halben inconvenientien zutragen würden, wes man sich zu halten hab. Etlich puncten, durch den ausschuß zu Nurnberg bedacht. Lectum 23. Januarij 1543.

C Ludwigsburg StA, B 189 II, Bü. 54, unfol. (Kop.).

D Stuttgart HStA, A 262, Bd. 24, unfol. (Kop.); AV: Lectum 22. Januarij anno 1543.

Primus actus: Nachdem under andern ein artickel erregt worden, ob sich in der stende landen, stetten und gebietten die underthonen und burger als privatpersonen mochten am khammergericht inlassen und desselbigen gerichts on nachteil der recusation gebrauchen etc. Also ist bedacht worden, das solches on nachteil der gethanen recusation wol gescheen moge, diewil es ein andere gelegenheit mit der oberkeit und universiteten und den privatpersonen hat, und dann die recusation nicht von wegen der privatpersonen oder nomine privatorum vel causarum privatarum, sonder von wegen der oberkeit und universiteten und derselbigen sachen halben bescheen. Dann das die recusation dahin nicht zu verstehen, erscheint aus dem, das die oberkeit oder magistratus khein mandat haben, von wegen der privatperson oder derselbigen sachen zu recusiern, welches doch vermog der rechten vonnoten sein wolt eo, quod dominus non possit agere nomine subditorum absque mandato.

Es wirdet aber auch ein jede oberkeit iren underthonen anzuzeigen wissen, das sy bedencken wollen, was rechten sie bey disen partheyschen erzurnten richtern zu verhoffen und, sovil muglich, sollichs uff andere wege zu richten und sich nach gelegenheit der privatpersonen sachen selbst zum besten darinn schicken.

2us actus: Wie es mit den appellationibus privatorum diser steende, so sich [= sie] an das cammergericht thun, zu halten etc. Bedenckt man, das denselbigen nicht zu deferiern sey. Wo aber daruber die partheyen vorfaren und die sachen an dem cammergericht anhengig machen und inhibitiones und compulsoriales außbringen wurden, mochten alsdann die oberkeitten die acta edirn, doch anderst nicht dann mit der protestation, das sy es kheiner andern meynung thetten, dann den partheyen zugutem und gar nit in kraft der vermeinten executorial, auch dardurch von irer furgewanten recusation mitnichten gewichen noch sy, die richter und beysitzer, dardurch fur richter erkenndt oder inen ichts anderst wider die gethane recusation ingeraumbt haben wollten. Und sollt solche protestation den acten, so man den partheyen gibt, inverleibt werden.

3. actus: Belangendt die comission, wann von dem cammergericht einige an dise stend ußgeen wurden. Bedenckt der ußschutz, das dieselbigen nicht anzunemen und, wo sy daruber getrungen werden wollten, sollten sye cammerrichter und beysitzern schreiben, das sy solliche comissiones nicht wissen anzunemen, uß ursachen irer furgewanten recusation. Und wo sy daruber wolten beschwerdt werden, sollen sy von gemeinen stenden wie in andern sachen der gethonen recusation halben beschutzt und beschirmbt werden.

Im val auch, da sich zutruege, das privati zu zeugen vom cammergericht ernennt und von desselbigen comissarien erfordert wurden und sy, die underthonen, deßhalben rhats by den oberkeitten suchen, mochten die oberkheiten nachgeben, das sy als fur sich selbs mit dem bedingen erscheinen, das sy allein der warheit zu steuer und den partheyen zu furderung und sonst kheiner anderen meynung erscheinen und daruff kontschaft der warheit geben wollten.

4. actus: Und wiewol in etlichen sachen bereitan lis ist contestiert worden, ehe dann die recusation gescheen, so acht man doch, das nichtsdestweniger die recusation in sollichen sachen stathabe, diewil in der recusation auch novae causae, die auch nit gering sindt, angezogen und ferner angezogen mogen werden, sonderlich der verabscheidten, zugesagten und nicht ervolgten reformation, und das inen die stende in der kgl. urkundt [RTA JR Bd. XII, Nr. 148, S. 819] ußdruckenlich und bedingkglich vorbehalten haben, vor dem cammergericht weder in religion- noch prophansachen in recht zu steen. Item, das sy sich noch taglich mit iren vermeinten processen, decreten und handlungen verdechtig machen und erzeigen.

5. actus: Wann die gemeinden der stett citiert wurden, was man sich zu halten. Bedenckt man, diewil biß anher allenthalben üblich gewesen, das die oberkeyten in sollichen gemeynen sachen ire gemeinden verdretten haben, wurdet sich ein jede oberkheit auch dißvals nach gelegenheit zu halten wissen und es derselbigen halben by der gethonen recusation und ratification auch bleiben lassen.

Anmerkungen

1
Zur Datierung der Verhandlungen betr. die Rekusation des RKG siehe das CA-Protokoll Lambs: Nr. 86c, fol. 206r–210v.
2
Das Aktenstück wurde irrtümlich unter den Lit. 1542 abgelegt, obwohl es inhaltlich zweifelsohne zu den Verhandlungen der Schmalkaldener von Jan./Febr. 1543 gehört.