Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Weimar HStA, EGA, Reg. E 136, fol. 227r–231v (Kop.); AS fol. 227r: An ksl. Mt. supplicatio episcopi Merseburgensis; DV v. a. Hd. fol. 231v: Merßburgs contra Hg. Heinrichen zu Sachssen; DV ebd. v. 3. Hd.: Detur consiliariis ducis Saxoniae in consilio imperiali 5. Maij 1541.

B  koll. Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 08994/01, Der Bff. zu Meissen, Merseburg und Naumburg [...] angemaßte Session im Reich [...] auf den Reichstagen zu Speyer 1541–1547, fol. 3r–6v (Kop.); DV v. a. Hd. fol. 6v: Bf. von Merßbergs supplication uber meinen gnedigen herrn.

C  koll. Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 08993/05, Gebrechen zwischen [...] Sachsen [...] Meißen 1540–1542, fol. 270r–273r (Kop.).

Eurn ksl. Mt. ist ane zweifel unvorborgen, das nach todtlichem abgange etwan des durchlauchtigen, hochgebornen fursten Hg. Georgen zu Sachsen loblicher und seliger gedechtnus etc. derselben eurer ksl. Mt. underthenigstem caplan, mir, Sigismunden Bf. zu Merseburgh, von dem auch hochgebornen fursten H. Heinrichen Hg. zue Sachsen etzliche drangsal und beschwerungen zuegemessen seint, dadurch ich in meynem stiefte wenig gehorsames in der christlichen religion habe, auf das allerunderthenigst bittend, euer ksl. Mt. wollen aufs gnedigste geruchen, volgender gestalt die beschwerungen zu vornhemen2.

Nachdem anfenglich der stift Merseburch ungeferlich bey 600 jarn von den loblichen romischen kaysern Otten, auch Heinrichen dem heiligen statlich gefundirt, dotirt und restaurirt und furder durch die andern hochloblichsten romischen kaysern und konigen als ein furstenthumb des hl. röm. reichs mit privilegien und regalien aufs gnedigste begabt und begnadt wurden ist, es seint auch die Bff. zue Merseburg mit den regalien als des reichs fursten belehnt wurden, ksl. und kgl. Mtt. geburliche pflicht gethan, das im fall der notturft mit siegelen und briefen wol zu bekreftigen, und seindt auch die bischove von eurer ksl. Mt. und der vorfarn und des hl. röm. reichs stenden in des reichs obligenden und anschlegen bishero vor des reichs fursten und standt gehalten wurden, zu reichstagen gefurdert und beschrieben, die auch zu zeiten beschickt und sonsten des reichs abschiede aufs underthenigst angenommen, vorfolgt, auflage und anlage selbst gehorsamlich erlegt und bezcalt, turcken- und ander steur, als fursten und standt des reichs geburt, entrichtet und alles dasjhenige, so einem geistlichen als des reichs fursten und standt zustendig, ane mennichlichs vorhindern in obersten und nidersten fellen mit aller hocheit geruchlich geubt und gebraucht und, so von den bischoven ader bevhelhabern in weltlicher sachen geappellirt wurden, ist solchs alleine an eurer ksl. Mt., der loblichen vorfarn und cammergericht geappellirt wurden und mag mit warheit nicht anderst gesagt werden. Und dan ich, Sigismundus, Bf. zu Mersburg, als ein furst und standt des hl. röm. reichs habe von der hochloblicher [sic!] röm. kgl. Mt. onstadt eurer ksl. Mt. mein stift, furstliche regalien und hocheit mit allen umbstenden in lehen erlangt und bekommen, auch widderumb als furst und standt des hl. reichs eurer ksl. Mt. mein eide und pflicht gethan habe und mein stift mit allen den regalien und hocheit, wie die vor alters herkommen, ungeschmelert in geruchlicher possession und besitz erlangt und noch habe, solte derhalben von wegen meiner regalien und stande durch nyemands geirret, betrubt ader angefochten werden.

So dan auch in etzlichen jarn here in der christlichen religion zweitracht erstanden und euer ksl. Mt., fridt und einickeit zu erhalten, ein christlich defensive gebuntnuß aufs allergnedigste aufgericht haben, dorinnen ich als ein furst des reichs und eurer ksl. Mt. underthenigster caplan mit wissen und willen meines capittels ane idermans inrede genommen und kommen bin, auch desselbigen bunds anlage treulich entricht habe, so nuhe mein stift zu Merseburgh dem hause zu Sachsen solte hinderzogen sein, das doch nicht zu glauben ist, dem romischen reiche seinen standt abezuziehen, also hette hochberumbter loblicher gedechtnuß Hg. George zu Sachsen als schutzherre des keineswegs ingereumet und, yme der handel woll bewust, mich abgeweiset und hinder sich gezogen hette.

Und so nachmaln die röm. kgl. Mt. mich als einen Bf. zu Merseburg, umb widderstandt gegen dem Turcken zu beratschlagen, uffs gnedigste gegen Wormbs erfordert haben und ich als ein gehorsame eurer ksl., auch kgl. Mtt. und des hl. röm. reichs durch meinen anwald erschienen bin und mein anwalt in stande gesessen ist, dawidder dan hochgedachts Hg. Heinrichs geschickten unbillicherweise geprotestirt haben, aber des hl. röm. reichs stende, die diese protestation woll vorstanden, haben meinen geschickten seinen geburlichen standt und session bleiben lassen. Aber dem zcuewidder hat Hg. Heinrich zu Sachsen mich umb abetracht und, von dem reichsstande abzustehen, angelangt, mechtig gedrauet und bedrungen mit erinnerung gleicher verursachung, widder den Bf. zu Meissen dargeflossen vormerckt, ich solt, mein begynnen bey yme abzutragen, nicht geeusert haben, als dan die briefe weiter vormelden3, weil dan, allergnedigster kayser, des Bf. zu Meissen drangsall und uberfallung mher dan ruchtig und offenbar, auch bey vhielen dafur gehalten wurden, der Bf. zu Meissen wurde seines stifts entsetzt und spoliirt werden, solchs dan mir mechtig zu hertzen gegangen, weil ich dan in den geschwinden leuften keinen ratth zu widerstandt gewust, dorumb in mechtigen, grossen forcht gefallen bin, das ich einem solchem mechtigem fursten in meinem und meiner kirchen guthem rechte nicht widderstehen kondte noch vermochte. Also, allergnedigster kayser, durch solchen drangsal, zwangk und forcht, weyl euer ksl. Mt. nicht im reiche vor augen gewest und zu der zeit Gottes des almechtigen und eurer ksl. Mt. forcht und gehorsam wenig angesehen wurden, bin ich ane meines capittels wissen und willen von meiner und meiner kirchen gerechtigkeit und des hl. reichs stande abgedrungen, zu vorschmelerung und abebruch des hl. röm. reichs in einen unbillichen und unrechtmessigen vortrag genotigt, das ich doch meinen pflichten nach, woe mirs mogclich gewest, vhil lieber underlassen hette4, doch mit diesem vorbehalt, das ich mich des drangsals und vortrags gentzlich ader zum teyle kegen eurer ksl. Mt. beclagen moge und des außtrags zu gewarten. Weyl dan, allergnedigster kayser, dieser abgedrungene vortrag dem bischove und kirchen angezeigter pflicht zu nach und beschwerlich, auch eurer ksl. Mt. und dem hl. röm. reiche nachteilich und abbruchlich, also will eurer ksl. Mt. unvormeidtlicher notturft nach meinethalben der handel nicht vorschweigen bleiben, besonder hirmit aufs underthenigst clageweiß derselben eurer ksl. Mt. furzubrengen, mit gnedigster und gutigister annhemung underthenigst gebeten haben.

Weyl dan euer ksl. Mt. auf itzigen reichstag mich ernstlich beschrieben haben und, woe ich vormogens, personlich, sonsten durch meinen geschickten underthenigsten gehorsam in vorhaben zu leisten, ßo solchs dem hertzogen vormeldet wurden5, hat ehr mir, in religionssachen alleine den reichstag zu besuchen, vorgunstiget, doch des hauses zu Sachsen gerechtigkeit unschedelich und, das ich mich in des reichs hulfe und anderer sachen nicht inlassen solte6. Diese neuerung und vorgunstigung ist mir als einem Bf. zu Merseburgh mher dan beschwerlich, also schlecht widder recht und guthem grunde mich widder meine pflicht dem hl. röm. reiche, darunder ich mit steur, anlage, hulfe und standt bishero gewest bin, abdringen zu lassen. Auch ich und mein capittel von wegen des stifts Merseburg wissen von keiner oberickeit oder gerechtigkeit des hauses zu Sachsen, besonder das der stift alleine eurer ksl. Mt. und dem reiche underworfen ist, solchs auch von der zceit der fundation biß auf diese eurer ksl. Mt. hochlobliche regirung nye anderst angemast ader gestattet wurden ist7.

Derhalben an euer ksl. Mt. (weil ich mich uffs forderlichste, so ich gesuntheit wegen mag, mich anher zu begeben willens und bereit meynen anwalden mitlerweile mit volstendigem mandat abegefertigt8) mein allerunderthenigste bitt, euer ksl. Mt. wollen furder des hertzogen tatlich vornhemen, gewalt und unbilliche vorhinderunge dem stifte zu Merseburgh zu ebigen [sic!] schaden und vorterben, auch eurer ksl. Mt. selbst und dem hl. röm. reiche zu vorschmelerung, abebruch und nachteil nicht gestatten ader zulassen, besonder das gegenteil auß kayserlicher, großmechtiger hocheit, der christlichen kirchen schirmerampts und gutigkeit halben von oben angezeigten, unbillichen wegen und vornhemen aufs allergnedigste abweisen, darzu dem widderteyl statlich inhibiren und vorbott thuen lassen, auch den nichtigen, unrechtlichen, abgedrungen vortragk gentzlich widderumb abschaffen, nichtigen und todten, mir und die zceit meines abwesens meinem anwalden den geburlichen standt nicht weiter beunruigen, besonder unvorhindert und geruchlichen zulassen, haben und halten, uffs gnedigste schutzen und hanthaben lassen. Euer ksl. Mt. wollen sich hirinne als der gutigste kayser meins, vordruckten und gedrungen bischofs, underthenigster bitt uffs allergnedigst geruchen9.

Anmerkungen

1
 Die entsprechende, an die Reichsstände gerichtete Supplikation wurde den Ständen am 23. April 1541 eingereicht, vgl. das kurbrandenburgische Protokoll des Kurfürstenrates ad 23. April 1541 [Nr. 66].
2
 Bereits im Vorjahr hatte Bf. Sigismund versucht, den Kaiser einzuschalten. Vgl. Bf. Sigismund von Merseburg an [Hg. Heinrich von Braunschweig], Merseburg, 1540 März 4, Merseburg DomstiftsA, E III 6, fol. 44r–45v: Klagt über die religionspolitischen Übergriffe der sächsischen Fürsten und deren Agitation gegen die Reichsstandschaft des Hochstifts Merseburg. Bittet, den Kaiser, wenn er diesen aufsucht, darüber zu informieren und den Erlass von Mandaten gegen die sächsischen Fürsten, besonders gegen Hg. Heinrich von Sachsen anzuregen.
3
 Vgl. Bf. Sigismund von Merseburg an Hg. Heinrich von Sachsen, Merseburg, 1539 Oktober 1, Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 08993/05, Gebrechen zwischen [ ...] Sachsen [...] Meißen 1540–1542, fol. 249r–249v (Ausf.): Protest Hg. Heinrichs gegen die Beschickung des Wormser Tages durch den Bf. von Merseburg. Er, der Bf. von Merseburg, hatte geglaubt, dass seine Darlegungen und Begründungen Hg. Heinrich von der Rechtmäßigkeit seines Anspruches auf Reichsstand und Session überzeugt hätten. Da Hg. Heinrich aber auf der Forderung nach Abtrag beharrt, bittet er um Mitteilung, wie er sich zur Hinlegung dieser Irrung verhalten soll. Vgl. auch ebd. fol. 265r (Konz.) die Antwort Hg. Heinrichs, Dresden, o. Datum: Die Irrung kann beigelegt werden, wenn der Bischof beiliegende Verpflichtungserklärung förmlich abgibt. Ist bereit, dem Bischof darauf für sich und seine Nachfolger einen Revers auszustellen.
4
 Dazu marg. v. a. Hd.: Nota.
5
 Vgl. Bf. Sigismund von Merseburg an Hg. Heinrich von Sachsen, Merseburg, 1540 November 5, Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 08993/05, Gebrechen zwischen [...] Sachsen [...] Meißen 1540–1542, fol. 243r–243v (Ausf.): Am 3. November ist ihm die ksl. Einladung zum Reichstag in Regensburg zugegangen. Wiewol wir uns nue diesser halben mit eueren Gn. in einen vertrag haben begeben mussen, weyl wir in diessem mandat bey den pflichten und eyden, domit wir ksl. Mt. und deme hl. reych verwant sein, denselben reichstag zu besuchen ader ehaft halben zu schicken und solchs auf niemandts anders zu wegern ader zu voltziehen, erfordert und wir röm. ksl. Mt. und dem reych geschworen und den eydt schrieftlich und vorsiegelt ubergeben, haben wir solchs eueren Gn. nicht wollen unangetzeygt lassen. Und dieweil dan diesser reychstag furnemlich der relligionsachen halben ernant, wollen wir uns zu eueren Gn. untzweyflich versehen, euere Gn. werden uns hierinnen freystehen lassen, domit wir uns unsern pflichten nach als der gehorsamme zu ertzeygen haben mogen. Do aber euere Gn. auf dem vertrage bedacht zu vorharren, so wolte uns geburen, uns hierinnen dermaß auch zu verhalten, domit wir nicht als der ungehorsam ksl. Mt. und des hl. reychs erkant werden. Und ist demnach an euere Gn. unser gantz fleyssigk bitte, euere Gn. wollen uns derselbigen gemuthe hierinnen gnediglich zu erkennen geben. Das seindt umb euere Gn. wir zu vordienen gantz willig. Geben zu Merseburgh Freytags nach Omnium Sanctorum anno etc. 40.
6
 Vgl. Hg. Heinrich von Sachsen an Bf. Sigismund von Merseburg, Dresden, 1541 Februar 4, Dresden HStA, 10024 GA, Loc. 08993/05, Gebrechen zwischen [...] Sachsen [...] Meißen 1540–1542, fol. 244r–244v (Konz.): Bezugnahme auf das Schreiben des Bischofs vom 5. November 1540. Hat zusammen mit Kf. Johann Friedrich von Sachsen wegen der an die Bff. von Merseburg und Meißen ergangenen Einladung zum Reichstag an den Kaiser geschrieben, dessen Antwort in Kopie beiliegt. Dyweil dan ksl. Mt. ir ausschreiben bis auf dy religionssache, auch das eure besuchung itziges reichstags uns und dem hause zu Sachssen an unserer gerechtikeit unschedlich sein sol, gnedigist eingezogen, das auch ire Mt. erbotig sein, sulchs zu versichern, so wullen wir es uf berurt ksl. Mt. gnediges einzihen und erbieten doch das ir euch der reichshulfe noch anderer sachen halben nicht einlasset, sundern euch euer uns gegebnen vorschreibungen und vorpflichtung sunst gemes haltet, dohin stellen, was ir besuchung halben des reichstags der relligion halben allein zu thun bedacht, und haben euerer L. sulchs nicht wullen bergen, deren wir in guttem zu wilfaren geneigt. Datum Dresden, Freitag nach Purifictionis Mariae im 41. Vgl. auch Bf. Sigismund von Merseburg an Hg. Heinrich von Sachsen, Merseburg, 1541 Februar 9, Dresden, HStA, 10024 GA, Loc. 08993/03, Reichsstand der Bff. von Meißen, Merseburg und Naumburg [...] 1512–1549, fol. 193r–193v: Hat Hg. Heinrichs Schreiben vom 4. Februar 1541, in dem er ihm den Besuch des angesetzten Reichstages freistellt, zur Kenntnis genommen. Will sich aller Gebühr nach verhalten. Geben zu Merseburg, Mitwochs nach Dorothee anno etc. 41.
7
 Dazu marg. v. a. Hd.: Nota.
8
 Vgl. Bf. Sigismund von Merseburg an Karl V., 1541 März 14, Wien HHStA, RK RTA 6, unfol. (Ausf.); AV: Praes[entatum] 30. März 1541: Obwohl ihm von seinem schutzfürsten nit weyther dan der relligionsachen halben solchen reychstag zu besuchen nachgelassen, würde er gern dem ksl. Ausschreiben nachkommen. Kann aber wegen schweren Podagras nicht reisen. Hat deshalb Joachim von Lattorff, Domherr zu Magdeburg und Merseburg, als seinen Bevollmächtigten ane hindersichbringen abgefertigt, in der christlichen relligion und andern sachn von meynetwegen helfen zu handeln, zu rathschlagen und zu beschliessen zu vorhelfen, auch euer ksl. Mt. etliche des stiefts althergebrachte gerechtickeyt und begnadungen und, wes uns dorgegen beschwerunge begegent, furtzubringen und euer ksl. Mt. decrets dorauf zu gewarten. Bittet, sein Fernbleiben zu entschuldigen und das Anbringen seines Gesandten gnädig zu beantworten. Falls er gesund werden sollte, will er den Reichstag doch noch persönlich besuchen. Geben zu Merseburgk, den 14. tag des monats Martii anno etc. 41.
9
  Kf. Johann Friedrich von Sachsen übersandte die obige Supplikation an Hg. Heinrich mit seinem Schreiben, Schneeberg, 1541 Mai 14, Dresden HStA, GA, Loc. 08993/05, Gebrechen zwischen [...] Sachsen [...] Meißen 1540–1542, fol. 274r–275v (Ausf.).