Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Wien HHStA, MEA RTA 7 Konv. II, fol. 340r–344r (Kop.).

B  koll. München HStA, KBÄA 3153, fol. 124r–129v (Kop.); DV fol. 129v: Röm. ksl. Mt. anders furbringen gmainen reichsständen abschids halber etc. Actum Regenspurg, den 23. Julij anno 41.

C  koll. Duisburg LAV NRW R, Jülich-Berg II 2271, fol. 406r–409r (Kop.); AV fol. 406r: 23. Julij perlectum.

D  koll. Weimar HStA, EGA, Reg. E 138, fol. 164r–166v (Kop.); DV v. a. Hd. fol. 166v: Copei des abschieds, den ksl. Mt. den stenden des reichs haben thun lassen. 1541, gelesen Sonnabent, den 23. Julij, zu Regennspurg.

E  koll. Stettin AP, AKS I/111, S. 341–356 (Kop.).

Druck: Ganzer/Zur Mühlen, Akten, Bd. 3,2, Nr. 225 , S. 694–700; Walch, Bd. 17, Nr. 1394, Sp. 751–753; Corp. Reform. IV, Nr. 2335, Sp. 586–589; Ausz.: Ehses, Conc. Trid. Bd. IV, Nr. 153, S. 200–201 (lat. Übersetzung, mit der irrigen Datierung auf den 20. Juli 1541).

Die röm. ksl. Mt., unser allergnedigister her, lasst Kff., Ff. und stenden des hl. röm. reichs und der abwesenden botschaften freuntlicher und gnediger maynung anzaigen, wie sich dieselben aus irer ksl. Mt. außschreiben dises reichstags, auch irer Mt. erst beschehen proposicion der ursachen, darumb ir ksl. Mt. abermallen in teutsche nation komen und disen reichstag furgenomen, gnugsamlich zu erinnern haben. Gleicherweiße truegen gemaine reichsstende guet wissen, welchergestalt ir ksl. Mt. zu hinlegung und vergleichung der strittigen religionsachen bißanhere vil vleyss, muhe und arbait furgewendt und nichts, das der handlung indert dienstlich oder furträglich sein mögen, underlassen hette, wie dann ir ksl. Mt. alßbaldt zu eingang dises reichstags zu dieser sachen als dem höchsten hauptpuncten gegriffen und mit der Kff., Ff. und stende bewilligung uber die strittigen artickeln der religion etlich theologos verordent, dieselben artickel zu erwegen und, was durch sy gehandelt, dasselb an gemaine reichsstende ze bringen, alsdann beschehen und furter mit irer, der stende, rath derselben verordenten theologen handlung bäbstlicher Hlt. legaten furbracht worden. Und het sich also ir ksl. Mt. unzweiflich versehen, wo sölcher stritt und irrthumb zu guetlicher ainigkait oder vergleichung khomen, das volgendts in allem andern des hl. reichs ob- und anligen desto stattlicher furgeschritten und zuversichtlich in demselben allem gueter beschluß und erörterung gefunden werden mögen. Was lange zeit aber ir ksl. Mt. in der strittigen religion auf disem reichstag bißanhere mit grosser irer Mt. ungelegenhait und beschwerung verzert, das were offenbar und deßhalben unnot, gemainen reichsstenden davon lengere außfurung ze thuen. Dieweil aber uber allen irer ksl. Mt. furgekerten vleyss die strittigen artikel bemelter religion dahin nit gebracht1, das dardurch auf ditzmal in sölcher strittigkait ainiche entliche vergleichung oder ainigkait gefunden werden mögen, wie sölches Kff., Ff. und stenden wol bewisst, und sich dann die leuffe gemainer christenhait erbvheindts, des Turkhens, halben an mer orten so geverlich und beschwerlich zuetragen, darumb in alwege die hoch und unvermeidenlich notdurft erfordert, solcher geferlichait zeitlich zu begegnen, auf das dann hierin kain zeit verloren, so hat demnach ir ksl. Mt. fur guet angesehen und bedacht, das der verordenten theologen handlung auf ain gemain concilium zu remittiern, wie dann der bäbstlichen Hlt. legat irer ksl. Mt., das sölch concilium in kurtzem durch die bäbstlich Hlt. außgeschrieben werde2, vergewissung gethan, wo aber das nit furgang haben, das doch ain nationalconcili gehalten und im fhal, wo der kains fuegclich gehalten werden möchte, das dann ain gemaine reichsversamblung gehalten werden solle.

Und damit dann gemaine reichsstende spuren und vernemen mögen, das ir ksl. Mt., des hl. reichs wolfart und aufnemen genedigclich zu furdern, altzeit genaigt, und sonderlich, das dieser stritt der religion zu furderlicher endtschaft und erörterung gebracht werde, so will ir ksl. Mt. an derselbigen yetzigem durchzug in Italia bey bäbstlicher Hlt. mit allem embsigen vleyss und ernst handlen und furdern, das sölch generalconcilium zum furderlichisten gehalten und im fhal, so dasselb nit furgang haben möchte, alsdann das nationalconcilium zum furderlichisten außgeschriben und gehalten werde, inmassen sölches von gemainen reichsstenden gepetten und begert worden. Und wo deren kains fueglich gehalten werden möchte, so will alsdann ir ksl. Mt. zum furderlichisten, so es muglich ist, ainen gemainen reichstag außschreiben und denselben aigner person besuechen, der hoffnung, berurte strittige religionsach zu entlicher, christlicher vergleichung und ainigkait ze bringen und alles anders [sic!] ze handlen, das dem hl. reiche und desselben stenden zu wolfarth, nutz und guetem geraichen mag.

Und were darauf irer ksl. Mt. gnedige ermanung und erinnerung, das biß zu obbestimbter entlicher vergleichung durch die protestirenden uber und wider die artigkel, deren sich ire verordenten theologi verainigt, nit geschritten werde3.

Das auch dazwischen die gaistlichen, prelaten sament und sonderlich bedacht sein wellen, undter innen ordnung und reformation furzunemen4, die zu gueter gepurlicher und hailsamer administration und regierung der kirchen dienstlich und nutzlich seyen, welche ordnung und reformation auch zu entlicher christlichen vergleichung der strittigen religion ain vorberaittung und derselben sonders zweyvels hochdienstlich sein werden.

Das auch der nurmbergisch fridstandt, so hiervor aus hochwichtigen, notgedrengten ursachen, die dazumal vor augen gewest und deren yetz noch vil mer verhanden sein, aufgericht worden, biß auf den kunftigen reichstag in allen seinen puncten und artickeln von allen thailen vestigclich und unverbruchlich gehalten und dawider nit gehandelt werde und5 nhun hinfuron in der religion- und glaubenssachen noch sonst kainer andern ursach halben kain standt noch glidt des reichs den andern biß auf das gemain oder nationalconcili oder, biß ain gemaine reichsversamblung gehalten wirdet6, bevehden, bekriegen, berauben, fahen, uberziehen, belegern, auch dartzue durch sich selbst oder yemandts andern von seinentwegen nit dienen noch ainich schloß, stet, merckht, bevestigung, dörfer, hove oder weyler, absteigen oder on des andern willen mit gewaltiger thate freventlich einnemen oder geferlichen mit prandt oder in ander wege beschedigen noch niemandts sölchen thätern rath, hilf und in kain ander weiße beystandt oder furschub thuen, auch sy wissentlich und geverlich nit herbergen, behausen, etzen, drencken, enthalten oder gedulden, sonder ain yeder den andern mit rechter freundtschaft und christenlicher liebe maynen, auch7 die clöster und kirchen unzerbrochen und unabgethan beleiben, dergleichen den gaistlichen ire rent, zinß und einkhomen (sovil sy deren noch in possession seyen) hinfuro unaufgehalten verfolgen und zuesteen lassen. Es sollen auch die protestierenden niemandts der andern seitten zu sich dringen, bewegen oder ziehen8. Welche aber dawider handlen9, das gegen denselben umb alles, wie obsteet, der wege des rechtens vor dem kayserlichen chamergericht altzeit offen sein soll und auf der clagenden partheyen oder des kayserlichen chamergerichts fiscal anrueffen an demselben chamergericht nach des chamergerichts ordnung mit recht und desselben ordenlichen execution verfaren werden und sich kain thail desselben chamergerichts proceß und handlungen ungehorsam lich erzaigen und halten10. Doch irer ksl. Mt. hiemit altzeit vorbehalten, das sie uber disen fridstandt, so oft solches die notdurft erfordern wirdet, yederzeit declaration und erleutterung thuen möge.

Und sovil betrifft die achten und proceß, so bißhere in religion- und andern sachen, von der wegen ain stritt gewesen, ob dieselben in dem nurmbergischen fridtstandt begriffen sein sollen oder nit, bey dem chamergericht anhengig gemacht worden sein, were ir ksl. Mt. der maynung und gemuets, zu erhaltung fridens, ruhe und ainigkait im hl. reiche teutscher nation und aus irer ksl. Mt. machtvolkomenhait dieselben achten und proceß so lang, biß, als obsteet, das gemain oder nationalconcili oder in dieser sach ain gemaine reichsversamblung gehalten wirdet, a zu suspendiern und einstellenund mittlerzeit auf der thail ansuechen unpartheysche commissari verordnen, zwischen inen ze handlen und vleyss ze haben, sy biß auf obbestimpte handlungen der concilien oder reichsversamblung guetlich zu vertragen. Und wo aber die gemelten commissari die sach nit vertragen kundten, so wellen ir ksl. Mt. nach gehörter relation und deren guetbedunckhen nach gelegenhait der sachen der billichait b gemeß, was zu ruhe, fride und ainigkait der teutschen nation dienen wirdt, darin fursehung thuen und ercleren–b.

Ferrer so were irer ksl. Mt. will und maynung, das das chamergericht im hl. reiche, wie dasselb durch ire ksl. Mt. und gemaine stende auf jungst gehalten zwayen reichstägen aufgericht11, im wesen beleibe, demselben von allen stenden gehorsam gelaist und sein gestrackher gang und lauf gelassen werden solle. Ir ksl. Mt. wollten auch inhalt voriger reichsabschiede mit der reformation und visitation desselben chammergerichts auf Michaelis schiristen furgeen lassen und derhalben yetzo commissari verordnen.

Und dieweil ir ksl. Mt. dasselb chamergericht so lange jar here one hilf und zuthuen gemainer reichsstende in irem ainigenc costen undterhalten hat12, so ist nachmallen irer ksl. Mt. beger, gemaine reichsstende wellen dasselb chamergericht, dieweil solches inen, den reichsstenden, selbs zu nutz und guetem kome, hinfuran undterhalten so lang, biß die wege und mittel gefunden werden, dardurch solch chamergericht one sonder der ksl. Mt. und gemainer stende beschwerde oder darlegen underhalten werden möge.

Irer ksl. Mt. will und maynung were auch, das in allen andern artickeln dem augspurgischen abschied nichts benomen13, sonder derselb bey wirden und creften beleiben und, ob sich aber in sölchem ainicher stritt oder irrthumb zuetragen, daruber gleichermassen declaration zu thuen, vorbehalten haben.

Daneben so wer auch irer ksl. Mt. willen und maynung, das hinfuro alle schmachschriften ze trucken oder vailzehaben verpotten sein sollen und das ain yeder churfurst, furst und andere stende in iren oberkaitten ob sölchem verpot mit allem ernst halten.

Und beschließlich so lässt ir die ksl. Mt. wolgefallen, das von wegen der muntzhandlung und ringerung der anschleg der reichsstende guetbedunckhen nach ain tag gen Speyr inhalt voriger reichsabschiede furgenomen werde.

Und ist irer ksl. Mt. freuntlich und gnedigst begeren, es wellen Kff., Ff. und stende obbestimpte artickel bedenckhen, damit darauf zum furderlichisten ein entlicher abschaid begriffen und entschlossen werde14.

Es wellen auch ir ksl. Mt. an gemelte Kff., Ff. und stende freundtlich und gnedigst begert haben, das sie in der eylenden und beharrlichen hilf zu entlicher vergleichung und außtrag handlen wellen.

Anmerkungen

1
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Etzlich seindt verglichen.
2
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Dye vorige abscheidt vermugen, in teutscher nation zu halten.
3
 In der aus hessischer Überlieferung stammenden Kopie Wien HHStA, RK RA i. g. 13c/Konv. 2, fol. 50r–53r, dazu marg. v. a. Hd.: Wie wayt diese wort sich erstrecken.
4
 In E dazu marg. v. a. Hd., dann wieder gestr.: Wir konnen ihnen aber, solchs alleine vorzunhemen, nicht einreumen, das es unser kirchen binde, weil se velich wider oder ungemeß der apostolischen lere reformiren mochte.
5
 In der aus hessischer Überlieferung stammenden Kopie Wien HHStA, RK RA i. g. 13c/Konv. 2, fol. 50r–53r, marg. v. a. Hd.: No. Goslar und Braunschweigk.
6
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Wo se aber on mittel unß underworfen weren, musten se sich unser religion gemeß halten und pfarre, schulen und hospitalien, wie von alters geschehen, bestellen, sonst were es beswerlich.
7
 In E von hier bis bewegen oder ziehen unterstr. und marg. v. a. Hd. als Alternativformulierung: Auch die kloster, dero person christlich und unergerlich leben, unabgethan und de kirchen, zur ehr Gots gebraucht, unzerbrochen pleiben. Jedoch das de predigen, schulen und kirchendienst, ßo ihnen zu bestellen geporet, nach gestalt der religion, ßo under selbigen oberigkeit ist, von dem inkomen ein yeder pfare oder lehens oder, wo das mangelte, von ander geistlichen gutern und inkomen des orts bestellet werden. Es soll auch kein theil den andern zu seiner religion dringen noch uber oder [wider] seinen willen ziehen.
8
 In der Kopie Wien HHStA, RK RA i. g. 13c/Konv. 2, fol. 50r–53r, dazu marg. v. a. Hd.: No. bewegen.
9
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Obscure, eget ergo declaratione.
10
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Muß erst reformirt und wider mit unparteischen und beiden teilen leidtlich besetzet werden.
a
–a Fehlt in B und C.
b
–b Nachgetr.
11
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Must erst reformirt werden.
c
 In B und C: aignen.
12
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Solten meine gnedigen herrn helfen underhalten, ßo willen se auch yemants zu praesentiren macht haben.
13
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Szo gilt nicht alles, was in diesem abscheide von vorigen puncten gescrieben ist.
14
 In E dazu marg. v. a. Hd.: Item, weil hiezuvor von ksl. Mt. zugesagt worden, der irrung der session zu vorglichen, das solchs alsdan auch geschehe, damit solchs ferer alß bisanher gepflogen, des reichs grosser ob- und anligen zu beradtschlagen, vorhindert.