Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Bekräftigung des Anspruchs Hg. Georgs von Sachsen auf die Statthalterschaft in Friesland; [2.] Vorlage des Nachweises der ksl. Verleihung; [3.] Bitte, Gf. Edzard von Emden unter Androhung des Verlusts seiner Lande zum Lehensempfang zu veranlassen.

[Köln, ca. Mitte August 1512]

Kop.: Dresden, HStA, GR, Loc. 8183/3, fol. 119a-121a.

Konz.: Ebd., fol. 143a-145b.

Kurzregest: Baks, Inventaris, Nr. 1073, 1261.

[1.] Als durch euer ksl. Mt. den geschickten Gf. Edezart von Embden, uber vor eingelegte gesetze zu Neus1eine beschlussatz vorzubringen, nachgelassen und sye darauf vorbracht, das in der clag, von wegen des durchlauchtigen, hochgebornen F. und H., H. Georgen, Hg. zu Sachsen etc., unsers gn. H., zu Neus vor euer ksl. Mt. commissarien angestelt, vormeldung gescheen, das euer ksl. Mt. dem durchlauchten, hochgebornen F., weilant H. Albrechten, Hg. zu Sachsen etc. seliger und loblicher gedechtnis, und seiner Gn. erben dye gubernation der Frißlande zugestelt habe inhalts einer commission, doruber ausgangen,2 und obgleich ir H., der Gf., uf solche commission berurten unsern gn. H., Hg. Albrechten, und seine erben vor einen gubernator angenommen, bryf und sigil derhalb von sich gegeben, solt doch solchs unserm gn. H. keinen grund ader behelf bringen, es sey dan, das dyselbte commission vorbracht ader dargelegt wurde etc., wy solchs mit weytern worten ausgebreit, doruf sagen wir von wegen unsers gn. H., Hg. Georgen: Nachdem in vorigen und itzigen vorbringen die geschickten Gf. Edezards clarlich bekennen, das ir H. unsern gn. H., Hg. Albrechten, uf obgedachte ksl. commission angenomen, sein Gn. vor einen ewigen gubernator erkant und derwegen bryf und sigil von sich geben, dorin er bekent, das er die commission gesehen etc., das wir uns uf dieselben des Gf. brif zihen und referirn. Zudem ist zu Neus vor euer ksl. Mt. commissarien eine warhaftige copia einer declaration von euer ksl. Mt. uber berurte commission ausgangen, von wegen unsers gn. H. eingelegt, welche declaration den grund und substanz mergedachter commission in sich heldet.

Sodann auch uffenbar und unleugbar, das unser gn. H., Hg. Georg, ein erblicher gubernator in Frislanden ist, von euer ksl. Mt. dorfur gehalten, also genennet und geschryben wirdet, welchs dem Gf. und menniglich wol wissend.

Dieweyl auch unsers gn. H., Hg. Georgen, clage, zu Neuß vorbracht, sich vornemlich uf den besitz, possession ader quasi, dorinnen unser gn. H., Hg. Albrecht, und nach seinem abgang unser gn. H., Hg. Georg, wy oben berurt, gewest und noch ist, nemblich, das der Gf. Hg. Albrechten vor einen gubernator erkant und angenommen und folgend nach abgang seiner Gn. einen anstand der lehenentpfahung bey unsern gn. H., Hg. Georgen, gebeten, domit er sich uffentlich zu der lehenpflicht bekant, welchs alles aus vor eingelegten, angezeigten brifen und bekentnus des widerteyls gnugsam erclert, doraus erfolget, ab gleich keine commission angezeigt were, solte doch unser gn. H. seiner possession ader quasi nicht entsetzt werden.

[2.] Und ist aus erzelten ursachen wol abzunehmen, das solch vorwenden vom kegenteyl zu keiner notdurft, sunder alleyn, ungegrundte, mutwillige ausflucht und vorlengerung domit zu suchen, geschehen. Dorumb ist unnoit, einiche commission dem widerteyl ferner anzuzeigen ader davon zu disputiren. Domit aber euer ksl. Mt. eigentlicher befinde, das unsers gn. H. clag uf bestendige warheit gegründet, legen wir hyemit euer ksl. Mt., allein zu erinnerung, aber dem kegenteyl nicht zu uberantworten, eine warhaftige copia der commission fur, welche, durch einen notarien collationiret, sich mit dem original vorgleichet, das wir uns uf dasselbe, auch euer ksl. Mt. hofs registraturn wollen gezogen haben.a

[3.] Und ist hiruf unser undertenige, demutige bit, euer ksl. Mt. wollen disen mutwilligen ausflucht dem Gf. nicht gestaten, sunder in ansehung unsers gn. H. clare gerechtigkeyt ernstlich mit im schaffen, das er tue und pflege, wie vor gebeten, und wohe er solchs alles bin einer namhaftigen zeit–b nicht tun wurde, das er itzt alsdann und dan als itzt seiner c Gft., land und leute billich privirt und unserm gn. H. vorfallen sein solle–c. In dem allen tund wir euer ksl. Mt. hocheit und ampt demutiglich und fleyssig anrufen, bittende, unserm gn. H. die recht und gerechtigkeit mitzuteyln. Das wird sein ftl. Gn. und wir neben seinen Gn. in aller unterdenigkeit geflyssen sein zu vordynen.3

Anmerkungen

1
 Vgl. Nr. 1302 Anm. 1.
2
 Kgl. Urkunde, ausgestellt in Freiburg i. Br. am 20. Juli 1498. Regest: Wiesflecker, Regesten II,1, Nr. 6436.
a
 Im Konz. folgt gestrichen: Und ist unser undertenige, demutige bite, euer ksl. Mt. wolle yn ansehung angezeigter unsers gn. H. unleugbare gerechtikeit dem widerpart seyn mutwillige, ungegrundte vornehmung ferner nicht gestaten, sunder erkennen, das Gf. Edezart durch solch seyn mutwillig vornehmen wider seyne gegeben brief, sigel und eydspflicht gehandelt, sich der lehn unwirdig gemacht und dye domit verbrochen und deshalb gedachter billich privirt werden sol, das auch gedachter Gf. Edezart alle verschreibung und zusage, kegen unserm gn. H. getan, wie yn der clage stuckweis angezeigt, nachmals zu vorfolgen, nachzukommen und gnug zu tuen, schuldig sey. Das wir alzo ader wie vormals yn der clage gebeten oder aber wie sunst recht ist auszusprechen und durch euer ksl. Mt. zu weisen demutiglich bitten.
b
–b Von anderer Hand korrigiert aus: zwischen hyr und epiphanie domini schirstkunftig [6.1.13].
c
–c Von anderer Hand korrigiert aus: lehn privirt seyn sol.
3
 Zu den Verhandlungen auf dem Kölner Reichstag über den Konflikt zwischen Hg. Georg von Sachsen und Gf. Edzard von Ostfriesland vgl. Reimers, Edzard der Große, S. 72f., 190f. – Auch der ostfriesische Chronist Ubbo Emmius (1547-1625) berichtet über die Schiedsverhandlungen, allerdings enthält seine Darstellung die unzutreffende Behauptung, Hg. Georg von Sachsen sei auf dem Kölner Reichstag persönlich anwesend gewesen. Anschließend referiert er zunächst den durch Cäsar Pflug vorgetragenen hgl. Standpunkt, dann ausführlich die (archivalisch nicht vorliegende) Erwiderung der vier rechtskundigen Gesandten Gf. Edzards, Hikko von Dornum, Wilhelm Ubbena, Harko von Suurhusen und Dirk Valck. Nach Aussage von Ubbo Emmius war Ks. Maximilian ursprünglich gewillt, einen Spruch zugunsten Hg. Georgs zu fällen, unterließ dies dann aber doch, da er zum einen mit zu vielen anderen Aufgaben behaftet war, zum anderen den emotional stark aufgeladenen Konflikt lieber durch ein Nachgeben Gf. Edzards beendet sehen wollte. Er ermahnte daher beide Parteien, sich um eine Beilegung des Streits zu bemühen, solange er noch nicht entschieden sei. Wenn dies nicht zum Erfolg führe, sollten sie am 6. Januar 1513 in Worms erscheinen, wo er seine Entscheidung verkünden werde. Ubbo Emmius, Friesische Geschichte, Randpaginierung 682-684.