Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Bedauern über die nicht zustande gekommene Vermittlung Gf. Eitelfriedrichs von Zollern in der Erfurter Streitsache; [2.] Bedenken gegen einen raschen Besuch des Reichstags angesichts neuerlicher Übergriffe in Erfurt; [3.] Argumente gegen eine Behandlung des Erfurter Streitfalls auf dem Reichstag; [4.] Bitte um Festhalten des Ks. an seinem Abschied in der hessischen Angelegenheit.

Lochau, 13. Januar 1512

Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 65, fol. 8a-12a, Konz.

[1.] Gruß. Übersendet abschriftlich sein Schreiben an den Ks. (Nr. 1061) und bittet, diesem Folgendes vorzutragen:

Nachdem ksl. Mt. uns angezaigt, das ir Mt. dem von Zoller bevolhen, mit Dr. Johansen Schaden in der erfurtischen sachen zu handeln, das der von Zoller erstlich irer Mt. zugeschriben und volgent abgeslagen etc., solichs hetten wir mit beswerung gehort, das dy sach also solt verzogen werden aus dem, das wir irer Mt. zu mermaln hetten anzaigen lassen, das uns der verzug nachtailig und beswerlich were.

[2.] Und nachdem ir Mt. an uns begert het, das wir auf dem reichstag personlich erscheinen sollten etc., zweivelt uns nit, irer Mt. sey unverborgen, was beschwerung unserm bruder [Hg. Johann] und uns von den von Erfurt irer Mt. zu ungehorsam und verachtung und uns zu verunrechtung wider irer Mt. abschid [Nr. 158] und mandaten [Nr. 172, 174] begegent sind, wie wir dan die ir Mt. zugeschriben, auch durch euch und sonderlich nagst hetten anzaigen lassen. Darynnen wir doch irer Mt. zu undertenigem gefallen bisher gedult gehabt. Zudem werd ytzo noch weyter gesucht, mer leut in Erfurt zu bringen, auch die armen, ausgetriben burger, uber das sie von ere und gut gejagt, aus unsern, auch andern stetten und flecken, darynnen sie sich in grossem armut enthalten, mit geistlichem pann zu treiben. So haben die in Erfurt auch in kurz einen, der auf irer Mt. abschid in Erfurt gezogen und sich vertrost, es sol nit not haben, den Fridrich Thun hivor in ksl. Mt. hand gestalt, als wir glaublich bericht werden, gefenglich angenomen und mit dem scharfrichter ufs höchst gefraget und gepeynigt. Und wiewol wir irer Mt. hivor auch underteniglich hetten anzaigen lassen, weil wir nit wüsten, wes unser bruder und wir uns zu den in Erfurt und irem anhang auf ir manigfeldig beschwerlich furnemen versehen solten, der von Zoller auch nit keme, der uns doch geschriben, das er von irer Mt. bevelh hette und uns darauf stilstand geboten, und der von Otting1 und der kamermeister [Balthasar Wolf] auch ungehandelt in der erfurtischen sachen abgeschiden, wurd ir Mt. gnediglich ermessen, wie wir den reichstag so eylends besuchen mochten etc. Und wiewol dieselbn ursachen noch nit abgewend, so wollen wir doch, ob Got wil, wan ir Mt. uns weiter erfordern werd, bey irer Mt. zu komen, uns als der gehorsam halten, dan unser gemüt were nie gewest, auch noch nit, das wir aunser sachen mer dann ksl. Mt. sachen achten oder die denselben fursetzen wolten–a.

[3.] Das aber ir Mt. auch begert, das wir willigen solten, das ir Mt. dy sach mit Erfurt auf den reichstag erforder, domit wurd der von Menz bewegt, auch alda zu erscheinen etc., derhalbn wellet irer Mt. underteniglich anzaigen, das wir ganz willig, irer Mt. undertenigs gefallen zu erzaigen in dem, das sonder unser beswerung bescheen möchte. Ir Mt. hab aber gnediglich zu ermessen, weil ir Mt. hivor abschid und mandata het ausgehn lassen, ire Mt. zu Sletstat auch umb handlung in diser sachen an uns begert, alda wir ir Mt. mit anzaigenden ursachen darfur gebeten. Darauf ir Mt. in ansehung derselbn ursachen uns der handlung genediglich erlassen und ain citation den in Erfurt zugeschickt. Solten wir nu uber das alles in weyter handlung willigen, zudem, das die in Erfurt nit stilhalten, wir auch der schuldiger nit lenger aufzuhalten wissen, wie wir irer Mt. hivor auch geschriben und durch euch hetten anzaigen lassen, so werde es bey unsern misgonnern darfur geacht, als hetten wir voriger handlung, in diser sachen ergangen, nit fug gehabt. Wie beschwerlich das were, het ir Mt. gnediglich zu ermessen. So were auch zu bedenken, ob durch die schuldiger oder sonst durch verursachen, zu erhalten, das ir Mt. durch abschid und mandata geschafft und geboten, furgenomen wurd, das wir doch nit zu furkomen wusten, das uns mocht zugemessen und aufgelegt werden, als were es wider unser bewilligung gehandelt. Und ob Menz sich understehn wurd, derhalb entschuldigung zu nemen, auf den reichstag nit zu komen, so het er des unsers versehens nit fug, dan solten irer Mt. und des hl. Reichs sachen bey Menz nit hoer dan die ungegründte hendl seins furnemens geacht werden, were befrömbdlich. So hetten wir auch der ursachen mer, die offentlich und am tag, dan Menz furzuwenden. So begern wir auch nit mer dan ksl. Mt. geschrift und geboten. Des sich Menz billich nit besweren solt und die in Erfurt dem zu entgegen nit sterken solt. Darumb wellet ksl. Mt. darauf von unsert wegen underteniglich bitten, den abslag nit ungnediglich zu vermerken, sondern uns aus den angezaigten ursachen gnediglich entschuldigt zu haben.

[4.] Wir begern auch an euch gutlich, ir wellet von wegen der hessischen sachen ksl. Mt. underteniglich erynnern, das ir Mt. verfugen wolt, das in denselben sachen dem abschid nach, den uns ir Mt. gnediglich gegeben,2 gehandelt [werde], dan es werd mancherley gesucht, dardurch aufrur mocht erhaben werden, dan der Landgf. [Wilhelm d. Ä.] hat ytzo ain schreiben ausgeen lassen, wie ir ab inligender copien [liegt nicht vor] vernemen werd. Solten nu dy sachen zu weyterung geraichen, so habt ir wol zu achten, was davon entstehn wurd. Es mochten dan auch dy regenten von wegen des Ft. Hessen ksl. Mt. kain statlich hilf tun, darynnen sie sich dan bisher underteniglich und gehorsamlich gehalten hetten. Derhalb wellet ksl. Mt. underteniglich bitten, mit Landgf. Wilhelm zu verfugen, das wider irer Mt. gegeben abschid nichts furgenomen werd, dan wir allemal urbutig gewest und noch, das an aufrichtung desselbn bey unsrem bruder, vettern [Hgg. Georg und Heinrich] und uns nit mangel sein solte, und das sich ir Mt. gnediglich darynnen gegen uns wolt erzaigen, damit sorgfeldige, nachtailige entstehung, die erfolgen mocht, furkomen werd. [...] Datum zu Lochau am 13. tag des monats January Ao. domini 1512.

Anmerkungen

1
 Wohl ein Gf. von Oettingen.
a
–a Korrigiert aus: uns die erfurtisch oder ain andere unser sach wolten verhindern lassen, bey irer Mt. zu komen.
2
 Gemeint ist der Offenburger Abschied vom 9. April 1511. Regest: Glagau, Landtagsakten, Nr. 49/C S. 148.