Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Bestätigung des Kölner Stapelprivilegs; [2.] Titulaturstreit mit Ebf. Philipp von Köln; [3.] Fiskalprozess gegen Köln wegen Rechtsverweigerung im Appellationsverfahren Gerhard Beyers gegen Styngin Paffendorp; [4.] Appellation Peter Quettincks im Erbschaftsstreit mit Tilmann Brugge; [5.] Verpflichtung eines neuen Prokurators am Reichskammergericht.

Köln, HAStd, Briefbücher, A 45, fol. 54’–56’ (Kop., Kanzleivermerk am Ende des Stücks: Per Albertum[Potgießer].).

[1.] Bestätigen den Eingang seines Schreibens vom 23. Mai1(mitwoch na ascensionis), dem sie unter anderem entnommen haben, dass er den Kff. sowie den Hofmeistern von Mainz [Thomas Rüdt von Collenberg] und Pfalz [Johann von Morsheim] eine Instruktion2wegen des Kölner Stapels übergeben hat. Über die ihnen wegen eventueller Änderungswünsche zugeschickte Abschrift haben sie gemeinsam mit den aus Worms zurückgekehrten Ratsgesandten beraten und wissen daran nichts zu verbessern. Senden ihm die Instruktion zurück, verbunden mit der Aufforderung, bei den Kff. eine dementsprechende Bestätigung zu erwirken.

[2.] Der Stadt wurde am 7. April (paischavent)die auf Pergament festgehaltene und von den ksl. Räten in Worms gegenüber ihren Gesandten und ihm selbst erneuerte Zusage3gemacht, dass Köln als freie Reichsstadt die vom Ebf. gebrauchte Titulatur nicht länger hinnehmen muss. Wie ohnehin in seinem Bericht angeregt, soll er gemeinsam mit dem ksl. Rechenmeister Nicasius Hackeney4, sofern sich dieser noch in Worms aufhält, bei ihren Ansprechpartnern unter den ksl. Räten auf die Umsetzung dieser Zusage drängen.

[3.] Sie haben seinem Schreiben weiter entnommen, dass der ksl. Fiskal [Christoph Moeller], Dr. Sinnama (Vriese)und andere Personen ihm gegenüber zu der auf Antrag Gerhard Beyers gegen Köln verhängten Strafe von 10 Mark lötigen Goldes Stellung genommen haben. Demnach seien der Stadt zwei mit Androhung dieser Strafe versehene Mandate zugegangen, Beyer die Akten seines Prozesses mit Styngin Paffendorp5auszuhändigen. Schließlich sei in einem dritten Mandat – das der Rat ihm, Meinertzhagen, zugeschickt hat – der Ungehorsam der Stadt festgestellt und die Strafe verhängt worden, verbunden mit der erneuten Aufforderung zur Überstellung der Akten. Nur wegen des Umzugs von Regensburg nach Worms habe das Kammergericht in dieser Sache nicht weiter prozessiert. Doch wären Fiskal und Kläger wegen der unbezahlten Strafe weiter gegen die Stadt vorgegangen.

Indessen lag seitens der Stadt überhaupt kein Ungehorsam vor, was billigerweise berücksichtigt hätte werden müssen. Sie haben bereits vor deren Erklärung Kammerrichter und Beisitzer durch ihren Prokurator Christoph Hitzhofer6unterrichtet, dass die Stadt die Appellation Gerhard Beyers nicht zulassen müsse, da die gemäß ksl. Reformation7vorgesehenen Formalien nicht eingehalten worden seien und er selbst flüchtig sei. Sie wurden also zu Unrecht zu der Strafe von 10 Mark verurteilt. Da die Argumente ungehört blieben, haben sie die Akten übersandt, die er inzwischen von ihrem Boten empfangen haben sollte, in der Hoffnung, von der Strafe befreit und in der Angelegenheit nicht weiter behelligt zu werden. Er soll ihren Standpunkt gemeinsam mit Hitzhofer gegenüber Kammerrichter, Beisitzern und Fiskal vertreten.8

[4.] Der Kölner Bürger Tilmann Brugge d. Ä. hat geklagt, dass sein Prozessgegner Peter Quettinck von einem am Hohen Gericht in einer Erbschaftsangelegenheit gegen ihn ergangenen Urteil an das Kammergericht appelliert habe. Bislang waren Appellationen in solchen Streitigkeiten unüblich. Wenn dem nicht vorgebeugt wird, wäre dies nicht nur zum Nachteil Brugges, sondern künftig auch anderer Bürger. Er soll deshalb gemeinsam mit Hitzhofer oder, falls dieser sich nicht in Worms aufhält, alleine mit dem Kammerrichter und den Beisitzern verhandeln, dass die Appellation Quettincks kassiert und auch künftig in solchen Fällen keine Appellation mehr angenommen wird.9

[5.] [PS] Bestätigen den Eingang seines Berichts vom 26. Mai (pynxstavent)10am 31. Mai. Sie werden ihm in längstens zwei Tagen darauf antworten. Er soll sich weiter um die Kölner Angelegenheiten bemühen. Christoph Hitzhofer zeigte sich in dieser Hinsicht nachlässig, ebenso Lic. Ludwig [Sachs], der deshalb mit einer Strafe belegt wurde. Er soll sich insgeheim nach einem vertrauenswürdigen Prokurator erkundigen, den die Stadt für die Wahrnehmung ihrer Interessen am Kammergericht verpflichten kann.

Anmerkungen

1
 Liegt nicht vor.
2
 Gemeint ist hier ein formloser Entwurf für die gewünschten kfl. Konfirmationsbriefe.
3
 Liegt nicht vor. Vgl. jedoch Nr. 456 [Pkt. 1].
4
 Bürgermeister und Rat der Stadt Köln hatten Hackeney bereits mit Schreiben vom 28.2. gebeten, sich während der durch einen Rechtsstreit erzwungenen Abwesenheit Meinertzhagens vom Kaiserhof beim Reichsoberhaupt unter anderem dafür einzusetzen, dass Ebf. Philipp zur Beachtung des ihnen von Ks. Friedrich III. gewährten Privilegs [von 1475], wonach die Ebff. Köln nicht mehr als ihre Stadt bezeichnen dürften, veranlasst würde (Kop.; HAStd Köln, Briefbücher, A 45, fol. 4’–5).
5
 Die von 1489–1507 reichenden Prozessunterlagen finden sich als Beilagen zu den RKG-Akten in: HAStd Köln, Best. 310B (RKG), Nr. A 48.
6
 Weisung der Stadt Köln an Christoph Hitzhofer, 23.3.1509 (Kop.; HAStd Köln, Briefbücher, A 45, fol. 19’–21’).
7
 = Kammergerichtsordnung Ks. Friedrichs III. vom 24.10.1471, § 15 (Druck: Lünig, Reichsarchiv III (part. gener. cont. II), Nr. CXCIIC, S. 272–274; Zeumer, Quellensammlung, Nr. 170, S. 270–273 (hier § 14); Battenberg, Beiträge, Nr. 8, S. 74–81, hier 78. Vgl. ebd., S. 64).
8
 Entsprechende Weisung der Stadt Köln an Hitzhofer, 30.5.1509 (Kop.; HAStd Köln, Briefbücher, A 45, fol. 53’–54’).
9
 Auch in einem Schreiben an Ebf. Philipp verwies die Stadt darauf, dass Appellationen von Urteilen des Hohen Gerichts in Erbschaftsstreitigkeiten bislang unzulässig waren. Das Hinnehmen dieser Neuerung wäre nicht nur für Brugge nachteilig, sondern würde auch die bfl. Gerichtsbarkeit beeinträchtigen und der Gemeinde schaden. Der Ebf. wurde gebeten, am RKG dagegen zu intervenieren (Kop. Köln, 30.5.1509, Kanzleiverm.: Per Albertum [Potgießer]; HAStd Köln, Briefbücher, A 45, fol. 59’–60).
10
Liegt nicht vor.