Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Treffen des Ks. mit Lgf. Wilhelm von Hessen; beabsichtigte Einberufung eines neuen Reichstages; [2.] außenpolitische Planungen des Ks.; [3.] Verzicht des Ks. auf die Zwangsanleihe bei Bf. Lorenz von Würzburg; Ausgleich Hessens mit Gf. Ludwig von Löwenstein.

Nürnberg, Rst. Nürnberg, Briefbücher des Inneren Rates, Nr. 61, fol. 238’–240 (Kop., samstag nach Udalrici).

Druck: Westphal, Korrespondenz, Nr. 103, S. 312f.

[1.] […]. Lgf. Wilhelm von Hessen war beim Kg. (koniglicher majestet)in Boppard. Dieser veranstaltete dort für den Lgf. und seine Gemahlin [Lgfin. Anna] am 3. Juli ein dreistündiges Bankett, nachdem er ihnen von seiner Unterkunft aus bis zu ihrem Schiff entgegengezogen war. Eine vertrauliche Unterredung fand nicht statt. Nach dem Bankett hielt der Bf. von Gurk in Gegenwart des Ebf. von Trier sowie ksl. und hessischer Räte eine Rede: Der Ks. habe die Ankunft des Lgf. mit Freude erwartet, um ihre alte Freundschaft und guten Beziehungen zu erneuern. Der Ks. habe zwar den anberaumten Reichstag wegen des Waffenstillstands mit Frankreich und Venedig abgekündigt, wolle jedoch einen neuen Reichstag ausschreiben und wünsche die persönliche Teilnahme des Lgf. daran. Dieser ließ durch seinen Kanzler Dr. Engellender antworten, dass er dem nachkommen wolle, sofern sein gesundheitlicher Zustand es erlaube.

[2.] Der Ks. hält sich noch in Boppard auf, wird aber in acht oder vierzehn Tagen zur Eroberung Gelderns ausziehen. Anschließend will er noch einmal mit dem englischen Kg. verhandeln. Hat er England auf seiner Seite, hofft der Ks., als nächster Erbe zu gegebener Zeit auch das Kgr. Neapel zu bekommen. Item sein majestet wirdet sich auch im ende mit dem konig von Frankreich in verainigung und vertrag geben, dem ytzo soll ein maß gesetzt sein, wiewol noch unvolzogen. Und die churfursten und fursten willigen darin oder nit, so ir kaiserliche majestet inen uf kunftigem reichstag solchs furhalten wirdet, nichtzit destermynder sol es dannocht zum ende raichen. Wo aber nit, alßdann vermaint sein majestat, die hilf des konigreichs von Engelland wider Frankreich und die Venediger oder, wo Frankreich mit irer majestet in vertrag kompt, allein wider Venedig zu geprauchen. Der Kardinal ist zu Ehgin. Margarethe in die Niederlande gereist. Angeblich hat sie nach anfänglicher Weigerung die Entscheidung über die Annahme der Heiratswerbung des englischen Kg. dem Ks. überlassen.

[3.] Der Ks. hat dem Bf. von Würzburg die Anleihe über 25 000 fl. erlassen. Stattdessen lässt er mit ihm über ein einjähriges Darlehen in Höhe von 5000 fl. oder wenigstens 3000 fl. verhandeln. Lgf. Wilhelm hat Gf. Ludwig von Löwenstein mit dessen [im Landshuter Erbfolgekrieg] eroberten Besitzungen belehnt. Der Gf. ist inzwischen einer der wichtigsten hessischen Räte.1Mit Unterstützung des Lgf. hat er auch mit dem Hg. von Württemberg über die Rückgabe seiner Verluste verhandelt. Dieser ist für seine Person zu dessen vollständiger Restitution bereit, was jedoch von den Landständen abgelehnt wird.2

Anmerkungen

1
 Ratsbestallung vom 2.12.1507 (Demandt, Regesten II/1, Nr. 1629, S. 622).
2
 Der Ausgleich mit Hg. Ulrich gelang erst 1510. Gf. Ludwig musste durch Vertrag vom 29.10. die im Landshuter Erbfolgekrieg erzwungene württembergische Lehnshoheit gegen Rückgabe von Teilen der Gft. Löwenstein akzeptieren. Vgl. Sattler, Geschichte I, S. 110f.; Heyd, Ulrich I, S. 121–123; Dressel, Graf, S. 107.