Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 10. Der Reichstag zu Worms 1509 bearbeitet von Dietmar Heil

[1.] Schlussverhandlungen mit den Reichsständen über die Reichshilfe gegen Venedig; [2.] Vermittlungsverhandlungen zwischen Klerus und Stadt Worms; [3.] Verhandlungen über das Jubelablassgeld; [4.] Übersendung päpstlicher Schriftstücke bezüglich der Ernennung Hartmanns Bgf. von Kirchberg zum Koadjutor in Fulda; [5.] Verzicht auf die ihnen aufgetragene Initiative bezüglich des Klosters Reichenau; [6.] Supplikation Gf. Balthasars von Schwarzburg wegen eines Lehens; [7.] Achterklärung gegen Befehder der Stadt Rothenburg; [8.] Erklärung Bf. Lorenz’ von Würzburg zur Bereitstellung von Reitern für den Krieg gegen Venedig.

Wiesbaden, HStA, Abt. 131, IV a, Nr. 22, fol. 44’–46 (dem ksl. RT-Protokoll [Nr. 259] inserierte Kop.).

[1.] Allergnedigister kaiser. Als wir e. ksl. Mt. des fordern tags drey schriften zugesant und dabey, was uns ferrer begegnen wurde, e. ksl. Mt. auch nit zu verhalten angezaigt[Nr. 416, Pkt. 1], also haben uns die stende des Reichs gestern, sampstags umb zehen aur vormittag ire weiter meynung[Nr. 288] und wir ine alßpald unser antwort darauf [Nr. 289] gegeben, wie e. Mt. aus hiepeyligenden copyen vernemen werden. Und wiewole sie uns ansagen laßen, das sy nach mittag sich auf unser antwurt underreden und uns, so sie irer meynung entschlossen, dieselben zu vernemen erfordern lassen wolten, so ist doch solichs nit beschehen. Welichs uns anzaig geben hat, als wir auch auf unser vleissig erkunden bey etlichen in gehaim verstanden, das sie irer hievor gegeben antwurten nit alle ainhellig gewest sein und sich vielleicht eines andern und bessern entschliessen solten, des wir doch e. ksl. Mt. nit gewißlich haben wissen zu vertrosten, damit e. Mt. in irem furnemen sich darauf nit verdiefen oder verlassen möcht. Aber auf heut sontag umb zwo auren nach mittage haben sie uns ain schriftlich meynung[Nr. 290], wir ine darauf unser antwurt [Nr. 291] und sie alßbald ir entlichen beschlus [Nr. 292] widerumb ubergeben, wie e. ksl. Mt. des alles aus peyligenden copyen bericht werden. Wolten e. ksl. Mt. wir auch nit verhalten, der wir uns neben unseren schuldigen pflichten zu aller undertenigen gehorsam tun bevelhen. Geben zu Wormbs am X. tag Junii anno etc. nono.

E. ksl. Mt. etc. rete und comissarien, zu Wormbs verordent etc. – An ksl. Mt. etc.

[2.] [PS] Heut fru umb sechs auren haben der erzbischof zu Trier und herzog Friderich von Sachsen zwischen der pristerschaft und statt zu Wormbs in etlichen den grosten und namhaftigisten artikeln iren spruch [Nr. 329, Pkt. 3] getan und werden in den andern geringen puncten, als wir versteen, zu entlichem vertrag zwischen ine auch weiter handeln.

[3.] So ist her Ernst von Welden heut von hinnen geritten. Und wiewol er von der versamung auf die bede antwort der stende und herzogen Friderichs von Sachsen [Nrr. 284, 362], ime auf sein werbung schriftlich gegeben und e. ksl. Mt. jungst zugeschickt [Nrr. 416, Pkt. 3], durch die stende auf weiter antwort zu warten beschiden worden, so ist ime doch, als er uns bericht, nichts anders, dann das sie es bey ir vor gegeben antwort bleiben lassen, begegnet [Nr. 287]. Wolten wir e. ksl. Mt. nit verhalten, sich darnach zu richten.

[4.] Auch schicken e. ksl. Mt. wir hiemit etlich bebstlich brief1, uns durch den von Kirchberg, den coadjutor zu Fulda, heut geantwort.

[5.] Und als e. ksl. Mt. bey Johann Storchen der Reichenau halber zu handeln uns bevolhen gehabt [Nr. 271, Pkt. 1], hat kein partey bißher deßhalb angesucht noch ichts furbracht.2 Darumb wir solicher sachen halb den stenden laut e. Mt. bevelch nichts haben anzaigen noch fur uns selbs darin ichts handeln mögen.

[6.] Euer ksl. Mt. schicken wir hiebey abschrift eins briefs, uns durch graven Balthasarn von Swarzburg uberantwort.3 Und dweil wir zu vollenziehung seiner beger, darin begriffen, von e. Mt. kainen bevelch haben, auch aus ursachen, das wir uns bedunken laßen, solichs e. Mt. nit tunlich oder zuzulaßen sey, dweil das lehen, so es in des von Bambergs hend komen, nit verdient oder verfalle[n] wird, so haben euer Mt. wir das nit verhalten wollen.

[7.] Wir schicken auch e. ksl. Mt. hiebey den achtbrief, den von Rotemberg [= Rosenberg] antreffend, wie dan solichs vormals auf anrufen der statt von Rotemburg an der Tauber geschickten bey den stenden des Reichs und uns, die teter in die acht zu ercleren4, beratschlagt und e. ksl. Mt. schriftlich zu erkennen geben, auch den stenden oder uns on sonderlichen bevelch e. ksl. Mt., den hirin zu haben die notdurft erfordert, solich acht zu sprechen nit hat fugen wollen. Darumb ist fur gut und not ermessen, das euer ksl. Mt. solich acht selbs sprechen, auch den achtbrief verzaichnen, versigeln und verfertigen und uns den auf der post, dweil die sach grosser eil bedarf, furderlich wider zuschicken lassen. Des wollen wir also underteniglich gewarten.

[8.] Uns hat auch der bischof von Wurzpurg diesen beyligenden zettel [Nr. 367] behendigt, den wir e. ksl. Mt. zu wissen nit verhalten wolten.

Anmerkungen

1
 Es handelte sich um ein Schreiben Papst Julius’ II. an Ks. Maximilian, worin er die Bestätigung des am 26.3.1507 zum Koadjutor von Fulda gewählten Hartmann von Kirchberg avisierte und bat, diesen ggf. zu unterstützen und den Schutz des Klosters zu gewährleisten (lat. Or. Perg. m. Bleibulle, Rom, 5.3.1509; StA Marburg, Best. Urk. 75, Nr. 1407), sowie um vier päpstliche Urkunden im Zusammenhang mit dieser Ernennung (jew. lat. Or. Perg. m. Bleibulle, Rom, 5.3.1509; ebd., Nrr. 1403–1406 [auch Online-Ressource]. Vgl. Breul-Kunkel, Herrschaftskrisen, S. 94 Anm. 144). Da die Originale in der Fuldaer Überlieferung verblieben sind, wurden dem Ks. offenbar lediglich Abschriften zugesandt.
2
 Vgl. Nr. 120, S. 261, Anm. 3.
3
 Liegt nicht vor. Gf. Balthasar hatte am 29.8.1508 den zwischen Neukenroth und Neuhaus gelegenen Reichshof Eindorf an Bf. Georg von Bamberg veräußert. Ks. Maximilian bestätigte den Verkauf am 16.5.1510 (Seyboth, RTA-MR XI/1, Nr. 328; Jäck, Jahrbücher II, S. 225; Looshorn, Geschichte IV, S. 471).
4
 Gemeint sind Hans Melchior von Rosenberg und Kilian Brudersohn, die mit ihren Unterstützern die Stadt unpillicher weysebefehdeten. Anfang Mai übersandte Rothenburg zumindest den Schwäbischen Bundesstädten eine Aufzeichnung über die Hintergründe der Fehde mit der Bitte um deren Veröffentlichung (Or., sambstags nach invencionis crucis [5.5.]1509, Adressat: Esslingen; HStA Stuttgart, H 53, Bü. 107, Fasz. 10, unfol.; StdA Augsburg, Lit. 1509, Fasz. Mai, unfol. Regest: Rauch, Urkundenbuch III, Nr. 2163, S. 237f. [2.5.1509; Adressat: Heilbronn]). Die in Druck gegangene Klageschrift Rothenburgs gegen Rosenberg und Brudersohn vom 4.4.1509 (UB Heidelberg, B 4716–50 Folio RES) wurde vermutlich auch auf dem Wormser RT vorgelegt. Vgl. zu dem Vorgang Borchardt, Institutionen I, S. 683f.; Schnurrer, Schreibstube, S. 93.