Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XIV. Band. Der Reichstag zu Nürnberg 1543 bearbeitet von Silvia Schweinzer-Burian, mit Vorarbeiten von Friedrich Edelmayer

Duisburg LAV, Jülich-Berg II 2277, fol. 71r–75r (Ausf. mit Siegel, unleserliche Stellen wegen Wasserschadens).

Regest: G. Below, Landtagsakten von Jülich-Berg, Bd. 1, Nr. 130, S. 467.

Sie berichteten bereits über die Vorschläge des Geldernausschusses vom 20. April (Nr. 228) und die darauf folgenden Verhandlungen (Nr. 229).Am 24. April informierte der Geldernausschuss die jülichschen Räte, das er bei dem ksl. oratorn ufs fleisigst gehandelt, das uff das letste furgeschlagen und durch uns bewilligt mittel, Sittart und Hertzogenrode in die dritte handt byß zu gutlichem oder rechtlichem ußtrag sequestrieren zu lassen, der anstandt erthedingt wurde. Es hette aber der ußschus inen, den oratorn, mitnichtem dahin bewegen kunnen, solich mittel von wegen ksl. Mt. anzunemen. Und hette der ußschus uß seinen reden sovill vernomen, das, sofern wir nit bewilligen kundten oder wolten, das Sittart zu frauen Marien handen gestalt, das alßdan by dem oratorn nichts zu erhalten were. Und derwegen uns uff das fleisigst ermant, das wir die geferlicheit, so euer fstl. Gn., iren landen und luyden daruß entstain mocht, wan kein anstant fur der ksl. Mt. ankunft erthedingt, bedencken und darumb uns bewegen liessen, von euern fstl. Gn. wegen zu bewilligen, das nur Sittart zu henden der regentinnen gestalt wurde. Wan solichs geschehe, wolte sich der ußschus gentzlich versehen, es solt eyn anstand by dem oratoren uff vier jarn zu erhalten sein, dergestalt das die kriegsubung alßbald angestellt und gutliche handlung durch beide theile abgefertigte underhendler furgenomen und, wan in dem ersten jar die sachen gutlich nit vertragen wurde, das man dan sich itzo der personen, so inwendig in den dryen uberigen jaren rechtlich daruber erkennen solten, verglichen hette, dan durch disen weg kundte diese hochbeschwerliche sach zu geburlicher entschaft gebracht werden.

Wiewol nu wir solich mittel on furwissen euer fstl. Gn. anzunemen uns zum hochsten beschwert, so haben wir doch zuletst uns zuvill vermechtigt, das wir dasselbig annemen wolten, doch mit dem anhangk, das euer fstl. Gn. gnugsame assecuration geschehen soll, das nach beschehener gutlicher oder rechtlicher erkentnuß Sittart widerumb zu handen euer fstl. Gn. unvertzoglich soll gestalt werden, das auch in stehender gutlicher oder rechtlicher erkentnuß die burgundisschen khein festigung an Sittart machen, sonder in aller massen, wie es itzo wer und inen zugestelt, blyven lassen und die burger und ingesessen widder ir alte privilegien, freiheiten, herkhomen und gewonheiten nit beschweren solten. Haben auch die personen, durch welche die sachen erortert werden solten, ernant, nemlich die sechs churfursten, Bff. zu Munster und Wurtzberg, Hg. Wilhelm in Beyern und Lgf. zu Hessen etc.

Daruff dan der ußschus widerumb zu dem oratorn geschickt, in hoffnung, das solcher mittel von ime sein bewilligt worden. Granvelle verweigerte jedoch wieder seine Zustimmung und brachte vor, das er in kheinen anstandt, dardurch die ksl. Mt. eynicher gutlicher oder rechtlicher erkentnus zu gewarten, verbunden sein solte, mitnichtem bewilligen khundte. Aber zum uberfluß wolte er willigen in eynen anstandt byß zu der ksl. Mt. ankhunft in das Reich deutscher nation und nit weithers. Als wir aber solichs nit haben annemen khunnen, hat der ußschuß noch ander mittel furgeschlagen. Als nemlich nachdem der orator sich nit wolt bewegen lassen in eynichen anstandt, dainne die ksl. Mt. eynicher gutlicher oder rechtlicher handlung verstrickt wurde, das demnach dem ußschuß beducht gerathen sein, daruff zu handeln, das nur ein schlechter anstandt uff ein jar und, so das nit gesein khundte, uff zehen oder zom wenigsten acht monat erthedingt wurde, damit die beschwerliche kriegsubung mitlerweil abgeschafft werden mochte, dan es stellete der ußschuß in keinen zweyvel, es wurden seine gnedigste und gnedige fursten und herrn sich dieser sachen halb zusamen verfügen und, sobald sie der ksl. Mt. ankhunft in Deutschlande erinnert wurden, dieselbige entweder selbst oder durch ire treffenliche rethe besuchen und keinen fleiß underlassen, die sach dermassen zu fordern, das sie verhoffentlich zu eynem gutem ende solt gebracht werden. Der Ausschuss ist guter Hoffnung, dass der ksl. Orator dieser Lösung zustimmen werde, deshalb sei es besonders wichtig, dass auch die jülichschen Räte in die Bedingungen einwilligten, selbst wenn das über ihre Vollmacht hinausgehe.

Wiewol nu wir am hochsten bekummert gewest, wes wir hieinne thun oder lassen solten, jedoch zuletst, nachdem der ußschuß sich vernemen lassen, er wolte uns raten, das solichs mittel durch uns angenomen würde, das er auch unbeschwert wer, euern fstl. Gn. zu schreiben, das uff sein, des ußschuß, gutbeduncken und vertrostung wir uns dahin hetten bewegen lassen, haben wir uns zuletst daruff horen lassen, soferr solich mittel by dem oratoren erhalten wurde, das wir alßdan uff des ußschuß beschehene verwenung [= Zusicherung] uns vermechtigen wolten, in namen des herrn [= Gottes] dasselbig anzunemen.

Nun hat der ußschuß daruff by dem oratoren mit hochstem fleis handlen lassen, aber es ist alles vergeblich gewesen. Doch hat der ußschuß von der gutlicher handlung noch nit ablassen wollen, sonder noch ein ander mittel furgeschlagen, nemlich das der anstandt dermassen mocht bewilligt werden, das derselbig nach ankhunft ksl. Mt. in deutsche nation dry monat langk duren solte, dan mitlerzeit khundten die churfursten by der ksl. Mt. in handlung sich inlassen und, wo alßdan in solicher zeit die sachen entlich nit kundten vertragen werden, so wurde man doch zum wenigsten solche schickung [in] der zeit by der ksl. Mt. woll[verrichten]. Mitlerzeit wurde der nuwer [= neue] reichstag, so itzo bewilligt, seinen vorganck gewynnen und der wynter ankhomen. Darumb des ußschuß bedencken were, solich mittel nit abzuschlagen. Daruff ist by dem oratorn gehandelt, aber es hat nichts verfahen wollen. Alßbald aber der ußschuß durch die geschickten der abschlegiger antwort bericht worden, hat er samentlich uff unser beger sich nochmals zu dem oratorn verfugt und verhofft, inen dardurch zu bewegen, das[zuvor] furgeschlagen mittel zu bewilligen, es ist aber alles[vergeblich] gewest.

Dweil nu der abscheidt, darinne die turckenhilf durch die catholicos bewilligt, kurtz verschiener tage verlesen worden und die kgl. Mt. verritten und by dem oratorn kein leidlichs und treglichs mittel zu erhalten gewest, haben wir uns des langwirigen und geferlichen uffhaltens by dem ußschuß zum hochsten beclagt, mit angehengkter beger, sich uff unser vilfeltig anhalten und bitt und euer fstl. Gn. an die gemeyne stende ußgangen schreiben [Nr. 227] eyner entlicher antwort sich zu entschliessen, wes sich euer fstl. Gn. uff ir rechtmessig und hochzimlich erbieten zu dem Hl. Reich versehen sollte. Diese Antwort soll dem Hg. von Jülich mitgeteilt werden [Nr. 236], damit die entsprechenden Maßnahmen getroffen werden können. Der Ausschuss beteuert den Räten gegenüber, dass er sein Bestes getan habe und dass er bedaure, dass trotz seines furgewendten empsigen fleiß nichts fruchtbarlichs gehandelt worden. Und wiewoll sie vor ir person gneigt, sich uff unser furbringen und euer fstl. Gn. schreiben eyner antwort zu beschliessen, jedoch dweil nit allein die kgl. Mt., sonder auch der mehrer theil der stende verruckt und der reichstag sein end hette, khundte er, der ußschuß, keiner entlicher antwort dieser zeit sich vernemen lassen, wolte aber sein gnedigste und gnedige herrn aller geubter handlung grundtlich berichten und die sach mit hochstem fleiß helfen befurdern, das durch ir chur- und fstl. Gnn. underhandlung die sachen entweder vertragen oder in eynen eherlichen, bestendigen fridtstandt gebracht wurden.

Und hat daruff der ußschus hieby verwarte schryft verfertigen und uns uberantworten lassen, die wir euern fstl. Gn. hiemit zuschicken [Nr. 232]. Haben also dem ußschuß abgedanckt, mit beger, der beschehener vertrostung nach die sachen by iren gnedigsten und gnedigen herrn zum fleisigsten zu furdern. Und haben daruff euer fstl. Gn. protestation gegen den abscheidt[fehlt], dero copey wir euern fstl. Gn. hiemit zuschicken, dem mentzisschen cantzler uberantwort, die er auch angenommen und in des Reichs prothocol[aufgenommen].

Einige Vertreter des Geldernausschusses blieben nach dem Ende des Reichstags in Nürnberg und verhandelten mit dem ksl. Orator bis zum 28. April über die Bedingungen eines Waffenstillstands. Näheres wird Hg. Wilhelm aus einem Bericht der Räte (Nr. 234) und der Relation nach ihrer Rückkehr erfahren.

Beiliegender Zettel: Entsendung Dr. Faltermeyers zu einer Werbung bei den vier rheinischen Kurfürsten.