Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

Weimar HStA, EGA, Reg. E 136, fol. 236r–240v (Ausf.); DV v. a. Hd. fol. 240v: Schreiben, das die stend deß andern teils sich keiner antwort vergleichen können etc., der Kf. zu Brandenburg ankommen etc., weß sich der landgraff in beywesen aller stend uffm hauß, auch gegen den Philippum etc., der H. Granuel, der von Goßlar und Braunschweig und beider bischoffe halben etc., auch ksl. Mt. etc. haben vernehmen laßen etc.

Haben mit ihrem Schreiben vom 11. April 1541 Kopien der Antwort der protestantischen Stände auf die ksl. Proposition und der Instruktion für die in der Sache Esslingens an Hg. Ulrich abgefertigten Gesandten überschickt. Senden in der Anlage Kopien der seitdem zwischen dem Kaiser und den protestantischen Ständen gewechselten Schriften.

Und wiewolh wir allein neben den wirttennbergischenn rethen die seint gewesen, die es bei den andern religionsverwanten stenden dohin getrungen und gevleissigt, die antwort ksl. Mt. dermassen a zu geben und auf der continuation des angefangen cristlichen gesprechs zu Wormbs zu beruhen, wie solchs der stende diß tails schrift [Nr. 84], den neunten Aprilis ubergeben, mit sich bringt, weilh aber ksl. Mt. in irer gegebenen antwort auf dem furgeschlagenen weg beharret und die andern stende diß tails auch beschlossen, irer Mt., weil es der hauptsachen nichts benehmen thette, ungeachtet unser gethannen furwendung, wie schwer es were, auch dem gegenteilh zu irem glimpf etwas nachzugeben, dadurch der unglimpf uff diese stende mocht geschoben werden, darinnen zu gehorsammen und wilfharn, so haben wir uns von inen nicht sondern wollen und derwegen, dieweil es auch dem artickel in eurer L., kfl. und fstl. Gn. instruction der particularhandlung nicht ungemeß, solche antwort mitbewilligt1, des freuntlichen und underthenigen versehens und verhoffens, es werde eurn L., kfl. und fstl. Gn. nicht misfallen, wie es dann auch dem artickel eurer L., kfl. und fstl. Gn. instruction, wie berurt, nicht zuwider–a. Was nun ire Mt. darauf alsbald widerumb durch Pfgf. Fridrichenn in irer Mt. gegenwertigkeit muntlich haben antzeigen lassen, das befinden eur L., kfl. und fstl. Gn. aus dem letzern vertzaichnus.

Aber die stende des andern tails haben sich noch keiner antwort vergleichen konnen, ausserhalb was die reichssteet sein, die haben antwort geben [Nr. 90], die sich in der substantz fast mit unserer vergleichen soll. So gehen die chur- und fursten noch alle tag zu rath und, wie wir glaublich bericht, gestern und heut noch nichts geschlossen und dreierlei meinung im rath sein gewesen2, dan Bayernn, Braunschwig und ir anhang sollen darauf steen, b das der ksl. Mt. keine handlung eingereumpt, sonder diese sach auf ein concilium zu schieben–b.

Schicken Kopie der Schrift wegen Goslar und Braunschweig [Nr. 248], die mit jungster der stende antwort auf ksl. Mt. proposition übergeben wurde. Ankunft des Kf. von Brandenburg am 13. April 1541 gegen Abend.

Datum Regenspurg, Dornnstag nach Palmarum, den 14. Aprilis anno domini 1541.

[Zettel:] Bezugnahme auf die Anweisungen vom 7. April 1541 für Verhandlungen mit dem Landgrafen [Nr. 556]. Gehen davon aus, dass der Kurfürst und der Herzog mittlerweile ihre früheren Schreiben erhalten und daraus entnommen haben, c daß der Bf. von Meissen zu dem ersten keyserlichen vortragen nicht erfordert, vil weniger sich bißanher einicher session im reich angemast. So horet man auch nicht, das sich H. Julius Pflug fur ein erwelten zur Naumburg angeben.

Es wirdet auch under den stenden und predigern diß tails nicht vermarckt, das imands von der warheit und also von der confession oder dem schmalkaldischen einhelligen bedencken zu weichen geneigt–c.

So steen die sachen uff den andern tailh so weitleuftig und zertrennet, daß villeicht die handlung irenhalb wolh gantz möchte abgeschlagen oder doch die mittel also ins werck gestellet werden, daß nicht viel vergleichung zu vermueten.

d So vermercken wir des landgraven bedencken der geistlichen guter halben nicht dohin, das dasjenige, so zu underhaltung der schulen, ministerien und dergleichen verordenet, widerumb zerruttet werden solte. So wirdet auch sonder zweivel seine L. und fstl. Gn., auch sonsten niemands dieser stende zu widereinsetzung der pfaffen, monich, nohnnen und aufrichtung irer unchristlichen lehre und mißbreuch geneigt sein. Dann der landgrave hat sich nechst in beiwesen aller stende uffm hauß vernehmen lassen, er hoff nicht, das imands von den stenden oder gelerten dieses tails so vermessen sein werde, der von der confession oder dem schmalkalldischen einhelligen bedencken und beschluß abweichen werde.

Es hat auch der H. von Granuelh sich gestern, wie er der von Goßlar und Braunschweig, auch anders halben auf die ubergeben schriften erinnert worden, sich vernehmen lassen, das die ksl. Mt. einen unverdechtigen comissarien gegen Goßlar und Braunschwig verordent, sich aller sachen daselbst, wie es umb Hg. Heinrichs beschwerung gelegen, mit vleiß zu erkundigen und irer Mt. grundlichen bericht furzuwenden3. Darneben auch angetzeigt, daß die ksl. Mt. ernstlich mit dem von Braunschwig reden lassen, die von Goßlar und Braunschwig nicht zu beschwern, sonder in rhue zu steen, desgleichen verschaffung am chammergericht auch geschehen, welchen die ksl. Mt. wolte gehorsamet haben. Es solte auch wider eur L., kfl. und fstl. Gn. in den beiden sachen, den Bf. zu–d Magdeburg und Meissenn belangendt, stilhgestanden werden.

Dieweil sich dann sieder eurer L., kfl. und fstl. Gn. schreiben solchs zugetragen und vermerckt und also eure L., kfl. und fstl. Gn. zur zeit obgemeltes schreibens diesen bericht nicht gehapt, bedencken wir freuntlich und underthenig, daß mit der antzeig gegen dem landgraffen noch zur zeit innenzuhalten, dann, so es zur hauptsachen und handlung gelangen soll, wollen wir uns mit Gottes hulf also halten und ertzaigen, daß dieselbigen befinden sollen, in dem, was Gottes ewigs worth und die warheit belanget, nichts zu begeben, auch auf einen solchen fhaal, do man vermercken wurde, daß der landgraff oder imands anders weichen wolte, notturftige vorwendung und antzaig zu thun, nicht underlassen wollen.

e Es hat auch der landgraf gestrigs tags magistrum Phillipum zu sich fordern lassen und ime under anderm angetzaigt, das er von der cristlichen confession in keinen weg zu weichen gedencke und, do auch die andern villeicht etwas, das sein L. und fstl. Gn. bei sich befunden, daß es wider Got were, nachlassen wolten, als doch nicht zu verhoffen, so wolte sein L. und fstl. Gn. darein nicht willigen, dan sein L. und fstl. Gn. gedechten nichts, daß wider Got und gewissen were, einzureumen oder nachzugeben–e.

Wir werden auch bericht, daß sich die ksl. Mt. solh f haben dieser wort vernehmen lassen, es nehme sie wunder, daß diejenigen, die nicht irer Mt. religion sein, seiner Mt. vertrauen mit verordnung etzlicher personnen nach irer Mt. bedencken zu einer unverpuntlichen handlung und diejhenigen, so irer Mt. glaubens sein, nicht so vil vertrauen in ire Mt. setzen, daß sie die personnen solten zu verordenen haben–f.

Hg. Heinrich von Braunschwig soll gestern mit funf kloppern von hynnen abgeritten sein, in einem closter nach dem papistischen brauch diese tag zu verharren, und wirdet vermutet, das es villeicht darumb geschehen, damit er dester mehr zeit hab, wider den landgraven, Dr. Luther oder sonsten etwas neues zu schreiben und alhie g außgeen zu lassen, dann er soll sich ob Dr. Martinj buch fast entsetzt haben–g.

Wir seint auch der fernern resolution von ksl. Mt. teglich gewarten, dann wir darumb nicht sonders aus ursachen, die euren L., kfl. und fstl. Gn. zuvorn vermeldet, anregen wollen. Welchs alles euren L., kfl. und fstl. Gn. wir auch freuntlicher und underthenigster meinung antzuzeigen bedacht. Datum ut supra.

Anmerkungen

a
–a Angestr.
1
 Vgl. Hans von Dolzig an Hans von Ponickau, Regensburg, 1541 April 14, Weimar HStA, EGA, Reg. E 141, fol. 297r–298v (Ausf., eighd.): Hat ihm auf der ordentlichen Post viermal geschrieben. Dies ist das fünfte Mal. Obwohl er seit seiner Ankunft in Regensburg keine Antwort erhalten hat, hofft er doch, dass die Schreiben ordnungsgemäß angekommen sind. Ihm gibt zu denken, dass auch F. Wolf und die anderen Gesandten bis heute nur auf ihr erstes Schreiben Antwort erhalten haben. Auf die anderen Schreiben erwartet man noch Antwort des Kurfürsten. Was sich über die erste Antwort der Religionsstände hinaus zugetragen und was der Kaiser weiter begehrt hat, kann Ponickau dem Schreiben an Kf. Johann Friedrich entnehmen. Dadurch man von demselben ersten unserm der religionstende underthanigstem bitten und furslag der ksl. Mt. ayngereumbt und underthanigste wilfharung gethan, auß ursachen unß darzu [be]wogen, durch hellen bslus des mherern uberstympt uber alle furgewandte und aingefurte statliche bedencken etc. In suma: Es sal ain unvordingt und unvorbyntlich handelung sein, item, mit furbehalt aller notturft etc., das ist die hivorig recusacion, protestacion abschyd etc. Dan in dem keyserliche hauptfurhalten der proposicion ist der abschidt zu Auschburg auch mit lauttern worten furbehalten. Darumb ist disem parth und taylh die erforschung der warheyth auch unbegeben. Glaub und trost ist bey Goth, unzweyflich aber bey den menschen ist die natur nach der gab und wyrckung des gnadengaysts. [...]. Geben in eylh, Dornstag in der palmwochen umb 4 uhr gegen abents, der 14. Aprillis anno domini 1541. Vgl. auch F. Wolfgang von Anhalt und die anderen Gesandten Kf. Johann Friedrichs von Sachsen und Hg. Johann Ernsts von Sachsen an den Rat von Schwäbisch Hall, Regensburg, 1541 April 12, Weimar HStA, EGA, Reg. H pag. 391 Nr. 148 Bd. 1, fol. 168r–169v (Reinkonz.): Erinnern daran, dass vor einiger Zeit auf dem Frankfurter Tag der schmalkaldischen Verbündeten und ihrer Religionsverwandten für den Fall, dass ein Religionsgespräch veranstaltet würde, etliche Personen als Teilnehmer benannt wurden. Darunter war auch Johannes Brenz, der denn auch von den Adressaten zu den Tagen zu Hagenau und Worms geschickt wurde. Da hier die Religionsfrage erörtert werden soll und deshalb die persönliche Anwesenheit von Brenz nützlich wäre, bitten sie, ihn nach Regensburg zu schicken, damit er alles, was zu Gottes Lob, zur Verbreitung des Wortes Gottes und zu christlicher Einigkeit dient, fördern helfen kann. Datum Regenspurg, Dinstag nach Palmarum, den 12. Aprilis anno etc. 41.
2
 Vgl. Dr. Martin Luther an Hg. Albrecht von Preußen, Wittenberg, 1541 April 20, D. Martin Luthers Werke, Briefwechsel, Bd. 9, Nr. 3601, S. 373–374: [...]. Der Keiser stellet sich zu Regenspurg auffm Reichstage so gnedig, das es den Papisten das Hertz macht brechen. Es ist furhanden, das der Keiser ettliche Fursten und Doctores nennen sol, die alle artikel der religion freundlich unterhandeln sollen, Darauff die Papisten yhn furbehalten, zu verwerffen, welche yhnen nicht gefellig. Das sol dem Keiser verschmahen. Was werden wird, weis der liebe Gott, der mach es alles gut, Amen. Heintz von Braunschweig ist nu uberzeuget, das er der Ertz Meuchelmordbrenner sey, und der grosst Bosewicht, den die Sonnen beschienen hat. Gott gebe dem Bluthunde und Beerwolff seinen Lohn, Amen. [...]. Mittwochn ynn Ostern 1541.
b
–b Angestr.
c
–c Angestr.
d
–d Angestr.
3
 Vgl. dazu die ksl. Kommission für Christoph von Seiseneck zur Unterhandlung in den Irrungen zwischen Hg. Heinrich von Braunschweig und den Städten Goslar und Braunschweig, 1541 April 12, Wolfenbüttel NLA, 1 Alt 8 Nr. 498, fol. 10r–11r (Kop.), vgl. Anm. 6 zu Nr. 580.
e
–e Angestr.
f
–f Angestr. Dazu v. a. Hd.: Nota.
g
–g Angestr. Dazu v. a. Hd.: Nota. Uber Hans Wursten.