Deutsche Reichstagsakten, Jüngere Reihe. Reichstagsakten unter Kaiser Karl V., XI. Band. Der Reichstag zu Regensburg 1541 bearbeitet von Albrecht P. Luttenberger, für den Druck vorbereitet von Christiane Neerfeld

A  Marburg StA, PA 1379, fol. 16r–17v (dt. Übersetzung, Reinkonz.).

B  Marburg StA, PA 1379, fol. 9r–12 (Konz., lat.) 1.

Wir haben gestern von unsers cantzlers diener von ksl. Mt. brief eynes besondern geleits, dem Hg. Johanssen Fridrich zu Sachssen und churfursten, unserm liebsten vettern und bruder, und uns, dan auch ein abschrift des gemeynen geleits [Nr. 4d], dem gedachten Hg. zu Saxen, uns und andern fursten und stenden unser religion gnediglich verleßen, daruber auch die suspension der keyserlichen verkundigten acht und des chammergerichts proces in religion und daraus fliessenden sachen [Nr. 14] furgenommen und dartzu brief von eurer herlicheit, zu Heidelberg gegeben, entpfangen, damit wir fur unser part oder person zufridden sein, hoffende, dieselbigen werden den andern fursten und stenden auch gnug thun, darumb der gedachte zu Saxen auch dye andern fursten und stende unser religion, das sie zu dem angesatzten reichstag zyhen, zu uberreden seina. Dan wir haben uns furgesatzt, bei solichem reichstag zum beldesten zu sein. Aber dweil vonnotten ist, das solich geleyt und suspension der acht und proces den fursten und stenden zu ubersenden, welches zeit erfordern wirdet, so wollen wir verschaffen, das solichs bald geschee, und wollen diejhenen, die unsern ermanungen befollen sein, ermanen, uff das sie aufs beldest, als gescheen kan, zum reichstag[schnell?] komen. Wollen auch handeln mit dem hertzogen, Kf. zu Saxen, das er seinem gneigten willen nach, den er zu der religion tregt, sich auch erhebe und hintzukome.

Aber dweil die fursten und stend umb ferre der wege willen so balde nicht ankomen mogen, so wollen wir, auf das unterdes an uns kein mangel sei, etliche unser rethe und theologen zu anfangk der handlung furhin senden, dan euere h[errlichkeit] weis, mit was grosser begir unser religion fursten und stende alle begern, das das zu Wormbs angefangen gesprech furtgeen und gepurlicher weise volnbracht mochte werden, auf das also zu der warhaftigen concordien der weck bereytet wurde, davon sie gar schwerlich abgefurt mogen werden. Dweil nu wir gar wenig lateins verstehn, wurde uberflussig sein, das wir in sollichem gespreche weren, wilches redden wir nicht verstunden, ja, wol wurden wir zeit und fleis verlieren.

Aber sobald man zu aufrichtung der concordien zur handlung schreiten wirdet oder wir aus unsern rethen verstehn, das unser gegenwertigkeit vonnotten sei, wollen wir gar bald da sein oder auch, sobald wir gewiß werden, das der Kf. zu Saxen, die andern fursten und stende auf dem wege sein, so wollen wir auch unser zukunft furdern oder schnellen, auf das wir mit den ersten da sein. Unterdes sollen auch unser rethe und theologen alle, das in irer macht ist, handeln und nichts, das zu christlichem, gemeinen nutz dienen mag, unterlassen. Auf das aber ksl. Mt. auf uns und andere fursten lenger, dan recht ist, nicht warten musse, wollen wir allen fleis thun, das ein iglicher der unsern, so beldest er mag, ankome, meynende, das in dem ksl. Mt. willen reichlich gnug geschee, darumb das wir alleine oder mit wenigen und im lateinischen gesprech wenig ausrichten wurden. Wo aber irer ksl. Mt. dieses unser furnemen misfallen wurde, als wir nicht meynen, so mag euere h[errlichkeit] uns vom keiserlichen willen, wan wir daselbst sein sollen, gewiß machen, so wollen wir an unserm amptb, das der sachen nutz zu sein geachtet wirdet, nichts gebrechen lassen2.

Anmerkungen

1
 Zu dieser Überlieferung gehört offenbar folgendes Postskript, Marburg StA, PA 1379, fol. 13r–13v: Ad nos serenissimi regis Gallorum nomine venit hiis diebus quidam Barnabas Fossanus aegro quidem corpore cum litteris credentialibus et mandatis nobis significandis reddiditque litteras et mandata sibi iniuncta per internuntium, cum ire non posset, exponi fecit atque sic adhuc aeger hoc loci sub medicorum cura decumbit, ut audivimus ex medicis morbo quodam laborans vix curabili. Quicquid autem ad nos detulerit, nos in ea nihilominus sententia, quam dominationi vestrae illustri novissimis litteris nostris confirmavimus, perstabimus atque manebimus. Neque est, quod dubitet aut imperator invictissmus aut illustris dominatio vestra sententiam atque promissiones nostras ulla in re mutavisse nos aut mutaturos esse, quoad ad nobis repromissa – sicuti non dubitamus – servabuntur. Scit enim dominatio vestra illustris hoc praecaveri non posse, quin legati regum et principum ad reges et principes veniant, sed eiusmodi responsis utemur, quae tum imperatori tum nemini sint obfutura integritateque nostra bene digna. [...?] dominationi vestrae illustri ea propter significare voluimus, ut si quis ex aemulis nostris vel imperatoriae maiestati vel dominationi vestrae illustri suggereret, tametsi in gratiam imperatoris rediissemus, attamen nos aliqua cum Gallis contra imperatorem tractavisse aut tractare, petimus igitur et dominatio vestra illustris haec boni consulat imperatorique nos ea de re pleniter excuset. Danach ist der folgende Passus, fol. 13r–13v, gestr.: Hat Nachrichten erhalten über Werbungen des französischen Königs im Reich. Et interrogati, quomodo illa praesente imperatore facere audeant, respondisse dicuntur non putare se imperatorem nostrum moleste haec laturum. Cum vero et apud nos non nihil sollicitatum sit, ut et nos conductis nostris capitaneis et peditibus ea consentiremus, nescimus, quomodo res se habeant, an haec sciente imperatore fiant nec ne. Precamur itaque hac in re consilium illustris dominationis vestrae, ut si deinceps quispiam apud nos pro huiusmodi consensibus instaret, quid nobis agendum, quidve etiam respondendum fuerit. Habebit enim imperator nos in omnibus, quibus eius maiestati cum Deo et salva conscientia morem gerere possumus, semper paratos benevolosque. Der oben erwähnte französische Gesandte war Barnabé de Voré, sieur de la Fosse.
a
 Im lateinischen Konzept in B ist der danach folgende Passus, fol. 9r–10r, gestr.: Bitte, den Konflikt zwischen der Stadt Braunschweig und Hg. Heinrich von Braunschweig durch einen kaiserlichen Restitutionsbefehl zu befrieden. Andernfalls können weder er noch der sächsische Kurfürst noch andere Fürsten und Stände am Reichstag in Regensburg teilnehmen. Eine Konfrontation in wechselseitiger Rüstung würde die in Regensburg geplanten Religionsverhandlungen stark belasten.
b
 Darüber geschrieben: dinst.
2
 Granvelle an Lgf. Philipp von Hessen, Nürnberg, 1541 Februar [15–19], A) Marburg StA, PA 1379, fol. 36r–37r (dt. Übersetzung, Reinkonz.); B) Marburg StA, PA 1379, fol. 34r–35v (Ausf., lat.): Euerer fstl. Gn. schreiben hab ich empfangen und desselben inhalt ksl. Mt. zu erkennen gegeben, wie mich dann eurm aufrichtigen gemut und ksl. Mt. begirde nach also fur gut und gelegen angesehen hat. Dann betreffendt die geleyt und suspension der acht, ist irer ksl. Mt. seer wolgefellig, das eurn Gn. ires teyls damit gnug geschehen ist, und gedenckht ir Mt. desgleichen dem churfursten und andern, so des bedurfen, auch gnug zu thun, wann es ist gewiß, das khein betrug darhinder sein wirdt. Demnach begert ir ksl. Mt. euerer fstl. Gn. und der andern ankhunft ghein Regenspurg mit dem allerfurderlichsten, als es sein khan, und ich fur mein person vermane euere Gn. mit allem vleis, die wellen die andern, sich auf den weg zu furdern und zu eylen, anhalten. Sovil auch euere Gn. selbs ehe zu ksl. Mt. khommen, ye mehr gnade sye ir erlangen und machen werden, angesehen, das ir ksl. Mt. eurer fstl. Gn. ankhunft nicht allein andern, sich auch zu eylen, ein exempel und ursach, sonder auch dahin dinstlich achten, das aufs erste und ehiste die wege und mittel bedacht werden, durch welche zu einer guten, fruntlichen und volkhommenen vereinigunge fortgeschritten werden moge, dann es ist zu Wormbs erfaren, das, wo nicht in anfange der sachen wol zugesehen, die sache in die lenge verzogen und villeicht mer verhindernuß dann furderung der sachen gethan werden mochten, nemblichen so in abwesen der fursten und heubter durch die theologos gehandelt sol werden, so doch dero verstandt und zeitiger rathe der fursten eintweders so vil oder mer zu diser handlung dinstlich und fruchtbar sein werden als der theologen disputation oder (das ichs rechter nenne) gezenckh. Sonderlichen aber wirdt eurer Gn. gegenwurt darumb vonnotten, das denen dingen, so zu Wormbs insonderheit oder ad partem gehandelt sein worden, nachgedacht werde, wie dann euere Gn. selbs gesehen und verstanden hat. Aus den ursachen so beleibt ir ksl. Mt. steyf in der meynunge, das euere Gn. sich mit irer zukhunft eylen sol, welchs ich eueren Gn. als ein notturftig ding meins ambts halben rathe. Als aber euere fstl. Gn. von Barnaba Fossano, dem Frantzosen, meldunge gethan, daran habn sye weislich und wol gehandelt. Und furwar, ich hab vorhin von demselben gehort. Es sein auch wol etliche rede von etlichen derhalben ergangen, welchen villeicht zu syn gewesen, einiche verworrunge bey ksl. Mt. zu machen und einzuwerfen. Aber ir ksl. Mt. setzt so groß trauen und glauben in eurer fstl. Gn. tugent, frombkheit und aufrichtigkheit, das sye denen widerwertigs nichts khan uberredt werden. Ir ksl. Mt. verruckht von Nurmberg, da ir Mt. dann mit sonderlichen ehren und freuden ist empfangen worden, nimbt iren weg durch Newmarkht, alda sy einen tag verharren und von dann fort eines wegs ghein Regenspurg reysen wirdt etc.