Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Anhörung des Reichskammergerichtspersonals durch ksl. Räte; [2.] Weisung zur Befragung Dr. Konrad Peutingers und Dr. Johann Rehlingers über Mängel des Reichskammergerichts; [3.] Katalog der dabei zu stellenden Fragen.

Trier, 24. Juni 1512

Wien, HHStA, RK, Maximiliana 27 (alt 21a) 1512 Juni, fol. 66a u. b, 68a, Konz. (Vermerk fol. 68b: Expediert copeyen, aber noch zu übersehen und auszurichten).

[1.] Ersamen, gelerten, lb. andechtigen und getreuen, wir haben ytzo alhie allerley mengel und gebrechen, so unsers ksl. cammergerichts halben vorhanden sein sollen, vernomen und darumb in gemeyner unser versamlung fur notdurftig und gut bedacht, die advocaten, procuratores und andere solichs cammergerichts verwandte personen uf ir eyde, und nemlich yeden in sonderheit, zu verhoren und us inen, was dieselben mengel, die zu verhinderung furderlicher und guter usrichtung solichs cammergerichts weren, zu erlernen, als wir auch etlich unsere rete darzu verordnet, die solich verhorung von den advocaten und procuratoribus, so darumb sonderlich alher beschriben worden sind, verhöret haben.

[2.] Wann wir aber daneben bericht entpfangen, das die ersamen gelerten unser und des Reichs lieben und getreuen Cunrat Peutinger, Johann Rehlinger und ander lerer des rechts etc. lang zeit procurator und advocat an gemeltem unserm ksl. cammergericht gewest und bemelter Peutinger sonst auch von solichen hendeln und mengeln mer denn andere wissen und bericht haben, so haben wir fur notdurftig und gut betracht, das berürte Cunrat Peutinger und Johann Rehlinger uf die herin verslossen artikel [siehe unten] verhoret werden etc. Und bevelhen euch demnach, geben euch allen auch hiemit sambtlich und euer yedem in sonderheit unser ksl. und unser, der andern, macht und gewalt, [daß ir] die gedachten Cunraten Peutinger und Johann Rehlinger uf ire eyde, die ir sy euch darumb tun und sweren lassen sollet, eigentlich und mit fleiß, yeden in sonderheit, verhoret, ire sag, bericht und gutbedunken durch ein glaubhaftigen notarien eigentlich ufschryben lasset und uns die alsdann under euren insigeln verslossen durch die post zusendet, damit wir uns, was zu notdurftiger ordnung und fursehung gemelts cammergerichts dienlich sey, dest bas darnoch mogen haben zu richten. Daran tut ir unser ernstlich meynung und gut gefallen. Geben zu Trier etc. am 24. tag Juny Ao. etc. duodecimo.

[3.] Artikel, davon oben gemeldt:

Ob der zeug nit wiß oder verdechtlicheit oder anzeig hab, ob einich persone, dem cammergericht verwandt, als beysitzer, protonotarien, leser oder ander schenk, miet oder gab genomen hab?

Ob einich person, dem cammergericht verwandt, dem es von amts wegen nit geburt, advocirt oder, so er davor in actum primo instancie advocyrt oder procurirt, darnach am cammergericht weiter advocyrt, bei urteilen gesessen, die helfen machen oder ichts darin het helfen handeln?

Item ob er nit wisse oder durch redlich anzeig yemand in verdacht het, das er des rats und sachen am cammergericht geheym geoffent, gewarnt oder dergleich anzeigen getan hett?

Item ob er einich ursach wisse, dadurch das recht und wesen am cammergericht verhindert werd, die anzuzeigen?

Item ob einich conspiracion under den personen am cammergericht und wer die seyen?

Item ob einich persone der beysitzer von andern Ff., oberkeiten und stenden usserhalb des cammergerichts besoldung hetten und nemen?

Item ob er nit wisste oder dafurhielt, das ein procurator dem andern in eins andern sach advocyrt het?

Item geschiklicheit, lere, wesen, fleiß und handlung einer yeden persone des cammergerichts anzuzeigen.

Item geschiklicheit und fleiß oder unfleiß des fiscals halben, ob er icht schenk neme und wie er sich halt.

Item von schiklicheit und wesen der procuratoribus und advocaten und wie sie sich halten.

Item von schiklicheit und wesen der protonotarien, leser und schreyber des cammergerichts und wie sie sich halten und ob und welche tuglich oder untuglich seyn.

Item dem sager, still zu sweigen, zu gebieten.