Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 11. Die Reichstage zu Augsburg 1510 und Trier/Köln 1512 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Freundlicher Empfang für Wilhelm von Wolfstein und ihn selbst in Erfurt; [2.] Ihre baldige Abreise, sein Eintreffen in Trier; [3.] Mißstimmung gegen Kf. Friedrich aufgrund seines Fernbleibens vom Reichstag, dessen Entschuldigung wegen Krankheit; [4.] Annahme der Entschuldigung durch den Ks., Übersendung ksl. Ladeschreiben; [5.] Gespräch mit dem Ks. über die Ladung an Kf. Friedrich; [6.] Empfehlung zur Entsendung eines Vertreters auf den Reichstag; [7.] Starker Einfluß der Kurmainzer Partei am ksl. Hof; [8.] Unmut der Reichsstände über das Fehlen einer Gesandtschaft Kf. Friedrichs; [9.] Nachrichten über Opfer auf dem italienischen Kriegsschauplatz; [10.] Häufung von Todesfällen unter den Reichstagsteilnehmern; [11.] Bitte um Antwort auf die ksl. Ladung.

Trier, 30. April 1512

Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 58, fol. 48-50, Orig. Pap. m. S.

[1.] Gruß. Als von eur kftl. Gn. H. Wilhalm von Wolfstain und ich abgeschiden, unsern zug durch Erfurt getan, des willens, uns daselbst ichts zu erkunden, dieselben eur kftl. Gn. zu berichten. Da wir nu in die herberg einzogen, seind etlich des rats von Erfurt zu uns kumen, Dr. Popenzan selbstsechster, uns furgehalten, wie den ersamen rat zu Erfurt angelangt, als ob wir von ksl. Mt., mit inen zu handlen, abgefertigt weren. Uns darauf hoch emphangen, angenomen mit vil frölicher wort und sich entschuldiget, wo sy unser zuekunft gen Erfurt wissen gehabt, hetten uns in die stat belaiten wellen, mit hoflichen worten, und haben uns mit wein verert, auch aus der herberg enthebt [= ausgelöst, die Quartierkosten bezahlt].

[2.] Darauf wir inen zu versten gegeben, nachdem Erfurt ain beruembte stat, weren wir willens, dieselben zu besehen, aber wir hetten dhainen bevelch, mit inen zu handlen. Also liessen sy sich merken, als ob sy ab solicher unser antwort guet gevallen hetten, mit dem begern, wir sollen einen tag oder zwen in Erfurt beleiben, wolten sy uns sehen lassen, daz die stat mit gnuegsamen vorrat versehen were. Aber nachdem wir nicht besonders erfarn mochten, seind wir am sonntag abend [18.4.12] dahin kumen, am montag frue [19.4.12] widerumb weggeritten, H. Wilhelm anhaim und ich an hof, und bin auf den 27. tag des monats hieherkumen. Das sey eur kftl. Gn. anzaigt, damit die wissen, was H. Wilhalm und ich in Erfurt getan haben.

[3.] Als aber etlich von grossen Hh. und andern an unserm hof mich von eur kftl. Gn. zuekunft hoch ansuechten, dieweil alle Ff. und ander stende allain auf eur kftl. Gn. warten, und wo eur kftl. Gn. ksl. Mt. zu guet nit kumen wolt, hetten pillichn ire rete geschickt, mit vil scharpfen und spitzigen worten, eur kftl. Gn. weren nit genaigt, ksl. Mt. eer, nutz und wolfart zu betrachten und furdern. Solich red bewegten, doch bedorft ich mich so gar guet sächsisch nit erzaigen, der aufmerker warn zu vil, beschach auch in ksl. Mt. gegenwurt zum tail. Nichtdestminder hab ich eur kftl. Gn. mit gueten fuegen, so maist ich mocht, entschuldiget, auch eur kftl. Gn. krankhait und fluß zue reisen erzelt und dieselben schreyer gestillt. Und warlich hab ich fursorg, wo ich eur kftl. Gn. mit erzelung des fluß, wie das schreiben, so H. Wilhalm und ich von Wittemburg aus getan haben [liegt nicht vor], lautet, nit also hoch und vleyssig entschuldiget, so hetten ksl. Mt. eur kftl. Gn. missdienern villeicht glauben geben. Darumben so geruechen eur kftl. Gn., mich bey solicher entschuldigung, wo sich das kunftiglichn zueträgt, gnediglichn zu handhaben und beleiben lassen. Und hab also mit meiner zuekunft solich geruef und geschray nidergelegt.

[4.] Ich hab auch mein werbung zum tail furgetragen. Haben ksl. Mt. dhain ander antwort darauf geben, dann dieweil es mit dem fluß umb eur kftl. Gn. dermassen gestellt, so seyen ir ksl. Mt. derselben entschuldigung gar wol zufriden. Aber eur kftl. Gn. sollten in alweg die rete geschickt, auch meinen gn. H. Hg. Jörgen darzu vermögt haben, daz doch er kumen were. Und mir darauf bevolhen, kurze briefl an eur kftl. Gn., auch Hg. Jörgen zu fertigen und bey ainem aigen poten zue schicken. Die hab ich im pesten dem Wolfstorff aufgeben. Die geruechen eur kftl. Gn. auftuen und, Hg. Jorgen seinen brief zuzeschicken, verordnen.

[5.] Der von Menz übt sich mit seinem anhang, haben citation auf eur kftl. Gn., auch die von Erfurt erlangt, vor ksl. Mt. zu recht oder guetlich vertrag zu compariern. Nu hab ich auf eegestern [28.4.12] dieselben copeyen in offem rat und ksl. Mt. gegenwurt hören lesen und nachmals nach vermögen meiner werbung, von eur kftl. Gn. aufgelegt, mit ksl. Mt. davon disputirt, wie solich citation aller ergangner handlung widerwertig seyen, und sein ksl. Mt. sollen eur kftl. Gn. gnediglichen bedenken. Also haben mir ir ksl. Mt. zu antwort geben, ir ksl. Mt. wellen solich citation stellen, daz eur kftl. Gn. nit nachtailig oder der ergangner handlung gegen, sonder für eur kftl. Gn. seyen. Nu hab ich solich handl und wie ich die copeyen in rat hab horen lesen, dem Renner, der diser zeit nit da was, als eur kftl. Gn. procurator anzaigt. Der schreibt eur kftl. Gn. deshalben, wie dieselb eur kftl. Gn. vernemen werden [Nr. 1083].

[6.] Ich kann auch wol achten, daz die citation ausgeen werden. Darumb wellen eur kftl. Gn. yemant furderlichn an hof schicken. Ich glaub, wo eur kftl. Gn. am hof weren oder yemant hetten geschickt, der dem Renner hierin hilf und beystand tuen mög, die citation weren nit aufgericht worden.

[7.] Nu bin ich willens, wann ksl. Mt. den nechstn von hinen auszeucht, mein werbung widerumb anzupringen und seiner Mt. gemuet weyter darinnen erlernen und nachmals eur kftl. Gn. zue schreiben. Mich wil bedunken, daz der von Menz mit seinem anhang, des etwovil ist an unserm hof, wie eur kftl. Gn. wissen, vil volgs hab etc.

[8.] Und meins ainfeltigen versteen, so were es eur kftl. Gn. vast eerlich und furträglich, daz dieselb etlich rete furderlich hieher fertiget. Man beswärt sich hoch under den stenden und waigern auch, daz eur kftl. Gn. noch niemand auf dem tag habe.

[9.] Wann der tag angefangen und was von ksl. Mt. darauf begert worden sey, acht ich, maister Hans Renner hab des eur kftl. Gn. zuegeschriben, desgleichen die neuen zeitung, yetz in Italien erloffen. Unser guete hauptleut von Teutzschen sein all furworden,1 wie dann eur kftl. Gn. aus des von Gurk schreiben [liegt nicht vor] vernemen. Got gerueche, irn seelen gnedig zu sein etc.

[10.] Auch wirdet eur kftl. Gn. diener Wolfstorff derselben anzaigen etliche selzame krankhait, so sich innerhalben 6 tagn an unserm hof hie begeben haben. Seind bey 5 person tod, Dr. Topler, zwen treffenlich burger von Cöln etc.

[11.] In summa, so die citation eur kftl. Gn. zuegeschickt werden, wol darauf wissen zu handlen und antwort geben. Versich mich, gar kurzlichen eur kftl. Gn. widerumb zu schreiben, und bevilche mich eur kftl. Gn. als meinem gnst. H., in gnaden zu bedenken als ainen guten Sachsen. Datum Trier, den 30. tag Aprilis Ao. etc. duodecimo.

Anmerkungen

1
 Gemeint ist der Tod der deutschen Hauptleute in der Schlacht bei Ravenna am 11. April 1512. Vgl. Nr. 821.