Deutsche Reichstagsakten, Reichsversammlungen 1556 – 1662 Der Kurfürstentag zu Regensburg 1575 bearbeitet von Christiane Neerfeld

Erinnerung an den Zweck der kfl. Zusammenkunft. Verzögerung der Wahl eines röm.Kg. durch die nicht zu überwindende Meinungsverschiedenheit zwischen den weltlichen und den geistlichen Kff. betreffend die Bestätigung der Declaratio Ferdinandea und ihre Erwähnung in der Wahlkapitulation. Die Einwilligung der weltlichen Kff. und des Pfgf. Ludwig, die Erörterung dieser Frage auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, wird vom Ks. angenommen und durch diese Erklärung bescheinigt.

Am Abend des 21.10.1575 den Kff. von Sachsen und Brandenburg sowie Pfgf. Ludwig zugestellt, von diesen jedoch nicht angenommen und noch am selben Abend zurückgesandt1. Die Erklärung ist nicht datiert.

HStA Dresden, Geheimer Rat, Loc. 10675/3, fol. 88–89 (undatierte Kop.) = Textvorlage. HHStA Wien, MEA, WuKA 6-2, fol. 453–454 (Konz.Dorsv.: Diß ist hindenhalten.) = B. HHStA Wien, MEA, WuKA 6-2, fol. 455–456 (Konz. Dorsv.: Diße erclerung ist von den geistlichen Kff. irer ksl.Mt. zugestelt2.) = C. GStA PK Berlin, I. HA Geheimer Rat, Rep. 15, Nr. 13a, fol. 12–13 (Kop.). Knapp referiert bei Lehmann , De pace II, Nr. 16 S. 283; Moritz , Wahl, 166.

/88/ Die römische kayserliche Mt. etc.a, unser allergnedigster herr, erinnern sich gnedigklich, was intention unnd meinung ihre ksl.Mt. so wol auch bdes Heiligen Reichs churfursten unnd der abwesenden churfurstlichen Pfaltz gewalthabere unnd räthe–b hieher kommen, als nemlich cneben andern des Heiligen Reichs obligen auch–c von einer vorsehung und gewißheit eines künftigen haubts im Reiche zu tractiren und zu handeln unnd dadurch allerhand besorgkliche zurüttigkeit aus vaterlicher und gnediger fursorge zuvorhüten.

Als aber bei solcher ihrer Mt. und der churfursten vorsamblung durch dbeide, Sachssen und Brandenburgk, churfursten unnd die pfeltzischen Kf. gewalthabere einer kayserlichen declaration3 halben–d, so in anno 55, eden 24. Septembris zu Augßburgk–e außgangen, des summarischen inhalts, das fetzlichen ertzbischoffen, bischoffen unnd anderer geistlichen und stiften zugehorigen–f ritterschaft, stedte und communen, so zur zeit des aufgerichten religionfridens der augßburgischen confession gewesen, dabei unvorgeweltiget gelassen werden sollen etc.g, anregunge beschehen, und durch hobbemelte beide weltliche churfursten und pfaltzische gewalthabere–h begert worden, das solche declarationi von ihrer ksl.Mt. confirmiret oder dem /88'/ cammergericht insinuiret und ein künftiger romischer konigk darauf auch schweren unndj der obligation einvorleibet werden solte; hirkegen aber die dreik geistlichen churfursten lsolcher angeregten declaration halben–l furgewendet, mdas sie von solcher declaration unnd bewilligung biß daher kein wissens gehabt, unnd weil es dan ein gemeine wergk, so alle stende geistlichen unnd weltlichen standes der alten religion mit belangen thut, so könten sie in solch begern der dreien weltlichen churfursten itziger zeit nicht bewilligen etc.–m,4, darüber dann die heubtsache dieser churfurstlichen zusammenkunft in einen beschwerlichen aufzugk unnd zu etwas vorlengerunge alles dessen geraten, so sonsten zeitlich gemeinem vaterland zum besten hette gerathschlagt unnd beschlossen werden können: Als haben ihre ksl.Mt. auf das mittel gnedigklich gedacht unnd sich mit nden churfursten sembtlich–n und den pfaltzischen gewalthabern dahin vorglichen, das ihre kfl.Gnn. und gedachte pfaltzische gewalthabere ihrer ksl.Mt. zugehorsamen gefalleno, und damit durch solchen eingefallenen streit das gemeine bestes unvorhindert bleibe, bewilliget, pdas solcher /89'/ streitiger punct biß zu anderer gelegenheit und tractation eingestellet werde–p,5; welches dan höchstgedachte ksl.Mt. von hochgedachten churfürstenq unnd den pfaltzischen gewalthabern also zu rfreundlichen und gnedigen gefallen–r angenohmmen und ihren chur- und f.Gnn. unnd ihnen darüber diesen schein gnedigklich fertigen unnd zustellen lassen. Actum Regenßburgk, den N.s

Anmerkungen

1
Vgl.Kurbrandenburg, fol. 161 (Nr. 10 mit Anm. a), und den Kurbrandenburger Bericht über die Verhandlungen des Ks. mit der protestantischen Seite (Nr. 31, hier fol. 10' f.).
2
Wahrscheinlich am 20.10.1575 während die weltlichen Kff. auf die beim Ks. angemahnte Stellungnahme der geistlichen Kff. warteten (vgl. die Hinweise zur Datierung in Nr. 31, fol. 10). Der Dorsv. legt nahe, dass die geistlichen Kff. bei der Formulierung dieses Dokuments mitgewirkt haben (Luttenberger, Kurfürsten, 181 mit Anm. 367); vgl. z.B. die Streichung der in Variante B enthaltenen Passage doch das demselben hierdurch nichts benomen sein solle (Anm. p) oder auch die Ersetzung des Worts decret durch declaration.
a
 etc.] Ergänzt nach B und C.
b
 des ... räthe] In B Einfügung am Rand und korr. aus: die churfursten. C wie Textvorlage.
c
 neben ... auch] Fehlt in B. In C am Rand ergänzt.
d
 beide ... halben] In B: die drey weltliche churfursten eines ksl. decrets halben. In C am Rand ergänzt und korr. aus der Fassung in B.
3
= die Declaratio Ferdinandea von 1555; vgl. Anm.10 und Anm.11 bei Nr. 7.
e
 den ... Augßburgk] In B: einen tag nach dem publicierten religion friden. In C ergänzt und korr. aus der Fassung in B.
f
 etzlichen ... zugehorigen] In B: dern gaistlichen chur- unnd fürsten. In C am Rand ergänzt und korr. aus der Fassung in B.
g
 etc.] Ergänzt nach B und C.
h
 obbemelte ... gewalthabere] In B: ir kfl.Gnn.In C ergänzt und korr. aus der Fassung in B.
i
 solche declaration] In B: es. In C ergänzt und korr. aus der Fassung in B.
j
 unnd] In B danach: dis decret. In C ergänzt und korr. aus der Fassung in B.
k
 drei] Fehlt in B. In C ergänzt.
l
 solcher ... halben] In B: solchs angeregten decrets halber. In C ergänzt und korr. aus der Fassung in B.
m
 das ... etc.] In B: das sie desselben ungeacht, was im decret irethalben stuende, einig wissen nit hetten, darzu auch iren consens nie gegeben unnd das es ein solche sach were, darein sie auch noch nit bewilligen oder mit irer bewilligung inen selbst unnd anndern catholischen stenden so höchlich praejudicirn khöndten, mit noch weitterer ausfuerung, warumben ir kfl.Gnn. solch decret anzunemben unnd deren weg einen durch weltlichen churfursten furgeschlagen einzugehn unnd zuverwilligen zum höchsten bedenckhlich. In C am Rand ergänzt und korr. aus der Fassung in B.
4
Zur Kontroverse über die Declaratio Ferdinandea vgl.Kurbrandenburg, fol. 134–140' (Nr. 6), fol. 141–149 (Nr. 7) und fol. 149'–161 (Nr. 8).
n
 den ... sembtlich] In B: den beeden weltlichen churfursten. C wie Textvorlage.
o
 zugehorsamen gefallen] In B: zu gehorsam unnd gefallen. C wie Textvorlage.
p
 das ... werde] In B: solches decret anjetzt pleiben unnd biß zu annderer gelegenheit unnd vergleichung (doch das demselben hierdurch nichts benomen sein solle) gutwillig beruhen zulassen. In C ergänzt und korr. aus: das solches decret biß zu annderer gelegenheit unnd vergleichung eingestelt werde.
5
Zur Audienz am 19.10.1575, bei der Ks. Maximilian II. vorgeschlagen hatte, die Angelegenheit nicht – wie hier – zeitlich unbestimmt biß zu anderer gelegenheit zu vertagen, sondern auf dem bevorstehenden RT zu verhandeln vgl. Kurbrandenburg, fol. 161 (Nr. 9 mit Anm. b und Anm. 1) und den Kurbrandenburger Bericht über die Verhandlungen des Ks. mit der protestantischen Seite (Nr. 31, fol. 8–9').
q
 churfürsten] In B: beeden weltlichen churfursten. C wie Textvorlage.
r
 freundlichen ... gefallen] In B eingefügt: freundtlichem gnedigen gefallen korr. aus: freundtschafft unnd gnaden. C wie Textvorlage.
s
 den N.] Ergänzt nach B und C.