Reichstagsakten Mittlere Reihe. Reichstagsakten unter Maximilian I. Band 12. Die Reichstage zu Worms 1513 und Mainz 1517 bearbeitet von Reinhard Seyboth

[1.] Ihre Ladung zum Reichstag aufgrund der aktuellen Unruhen im Reich; Warten auf das persönliche Erscheinen des Ks.; Beratungen mit den ksl. Kommissaren; [2.] Mängel im Rechtswesen und bei der Friedenswahrung als Ursachen der gegenwärtigen Probleme; die Rechtsmängel im einzelnen; [2a.] Qualitative Defizite beim Personal des Reichskammergerichts; [2b.] Probleme bei der Rechtsprechung durch Infragestellung von Bestimmungen der Reichskammergerichtsordnung und ihrer Ergänzungen; [2c.] Beeinträchtigung der Parteien und Verfahren durch Gebotsbriefe und Mandate; [2d.] Beschwerden über ungerechtfertigte Anklagen vor ausländischen Gerichten; [2e.] Eingriffe in die freie Rechtsprechung des Reichskammergerichts durch Gebote; [2f.] Unangemessen langsame Arbeitsweise des Reichskammergerichts; [2g.] Mangelhafter Urteilsvollzug; [2h.] Gezielte Vereitelung der Exekution von Urteilen; [2i.] Behinderung wichtiger Verfahren durch geringwertige Appellationen; [2j.] Missbräuchlicher Gebrauch des Klagerechts armer Kläger; [2k.] Unregelmäßigkeiten bei Fiskalsachen; [2l.] Ungleichmäßige Heranziehung der Reichsstände zu Unterhaltszahlungen für das Gericht; [2m.] Verbleib des Reichskammergerichts an konfliktbehafteten Tagungsorten; [2n.] Allgemeiner Ansehensverlust des Gerichts aufgrund der vorhandenen Mängel; [2o.] Defizite bei der Ämterbesetzung und der Ahndung von Straftaten als Ursachen für den Ungehorsam der Untertanen; [2p.] Wünschenswerte Regulierung der Rechtsprechung an anderen Gerichten; [2q.] Geringe Wirkung der Reichsacht und Aberacht; [2r.] Wunsch nach Wiederaufgreifen der ordnungspolizeilichen Initiativen früherer Reichstage; [2s.] Negative Folgen des Vermögenstransfers ins Ausland; [2t.] Notwendige Maßnahmen gegen heimkehrende Kriegsknechte; [3.] Vielfältige negative Folgen der aufgezeigten Mängel für Ks. und Reich; [4.] Vorhandene Machtmittel des Ks. zur Verbesserung der Situation; [5.] Appell an den Ks. zu raschem Eingreifen; [6.] Bei Nichtteilnahme des Ks. am Mainzer Reichstag Bitte um Entsendung von Räten; Bereitschaft der Reichsstände zur Kooperation.

Kop.: A) Nürnberg, StA, Ft. Ansbach, RTA Nr. 9, fol. 344a–351b; B) Weimar, HStA, EGA, Reg. E Nr. 63, fol. 65b–73a (Überschrift: Auf freitag nach St. Jacobs zwelfboten tag Ao. etc. 17 [31.7.12]); C) Dresden, HStA, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Loc. 10181/7, fol. 76a–84a (Überschrift wie in B); D) München, HStA, Kasten blau 103/2c/1, fol. 144a–154a; E) Würzburg, StA, Würzburger RTA 6, fol. 215a–225b (Überschrift: Uf donnerstag nach St. Jacobstage [30.7.17] gelesen und ksl. Mt. zugeschickt); F) Ebd., Würzburger RTA 7, fol. 3a–11b (Überschrift von anderer Hand: Der reichsstende anligen und beswerung, in etzlich articul gestellt, der ksl. Mt. vom reichsdag zu Meinz Ao. etc. 1517 zugeschickt, alhie zu Augspurg [1518] wider furhand gnomen); München, HStA., Kasten blau 103/4c, fol. 2a–10b; Köln, Historisches A., Best. 50A 45, fol. 79a–87b (Überschrift: Pronuntiatum auf mittwuch post vincula Petri [5.8.17] und ist die veranderung der schrift des usschuß [Nr.765/I]); Nordhausen, StadtA, R Ac 01, fol. 136a–144a (Überschrift: Ist diß nachvolgend durch Kff., Ff. und ander stende beratslagt, uberkomen und beslossen, auch röm. ksl. Mt. also zugeschickt worden mitwochs St. Oswaltstag [5.8.17).

Druck: Harpprecht, Staatsarchiv, Nr. 237.

Inhaltsangabe: Ulmann, Kaiser Maximilian I., S. 654f.

[1.] /344a/ Gruß. Allergnst. H., als euer ksl. Mt. uns in verrückten tegen geschriben und zu diesem reichstag hat tun erfordern [Nr.721], die schwere leuft, mutwilligen vheden und ingriff, so sich teglich im hl. röm. Reich bewegena und geübt werden, bwie den–b zu begeg[n]en, die zu strafen, auch andere notturft desselbigen zu bedenken und zu beratschlagen etc., darauf wir als euer ksl. Mt. gehorsame und des hl. röm. Reichs glieder, die zu solichem gneigten willen und begirde tragen, eins teils in eigner person, die andere durch ire botschaften und gewalthaber alhie erschienen, des trostlichen und unzweivelichen versehens, euer ksl. Mt. solt zu abwendung solicher beschwerlichen obligenden des hl. Reichs sachen auchc ankomen sein. Der wir auch ein gute zeit also erwartet und seit[h]er, was euer ksl. Mt. durch ire comissarien hat furbringen und begern lassen, bedacht und unsers besten verstands beratschlagt, auch, sovil uns möglich und in unserm tun gewest, antwurt geben, daneben in etlichen sachen, uns bevolhen, gehandelt, eins teils auch uf der supplicierenden parteien ersuchen und anhalten ye zu zeiten schrift und fürderungsbrief [Nr.899, 901] an euer ksl. Mt. mit underteniger angehefter fürbit geben,/344b/ wie euer ksl. Mt. des alles gut wissen und unzweivel noch zud frischer, unentsunkner gedechtnus haben.

[2.] Dieweil wir nu us allerhant anzeig und handlung, das sich solich euer ksl. Mt. ankunft verweilt oder us zufallenden irer Mt. merglichene gescheften ganz verhindert werden mocht, vermerkt, so haben wir als diejenen, die euer ksl. Mt., des hl. röm. Reichs ufnemen und wolfart gern sehen und zu betrachten schuldig sein, fur unserm abscheiden, was den dingen und zuwachsenden, itzt in teutscher nacion schwebenden schweren entporungen, leuften und unruigen hendeln ursach und beweglicheit geben, unsers hochsten verstants nachdenkens zu haben, nit konnen oderf wollen underlassen. Und als wir dasselb zug handen genomen, mit ernst und hohen vleiß, wie sich solichs wol gepürt, bewegen, nit anderst finden noch ermessen mögen, dan das dieselbig vhede, widerwertigkeit, feintschaft, ingrieff, blackerey, hecken- und ungepürlich reuterey, entporung der armen undertanen und andere beschwerlicheit,[die] etwa lang gewert und dieser zeit noch allenthalben im hl. röm. Reich gescheen, aus keinem andern dan zweien oder dreyen gründen oder wurzeln ursprünglich herfliessen und hsich breiten–h sein, nemlich mangel des rechtens, einigkeit /345a/ und frids, dan wiewol euer ksl. Mt. in die fusstapfen irer Mt. forfarn getreten, us hohem verstand und mit rate Kff., Ff., prelaten und anderer stende des hl. röm. Reichs, unser vorfarn, und unser, dieselbigen mengel abzuwenden, auch fried, recht und einigkeit inzupflanzen, understanden, derhalben auch ordnung im Reich und den landfriden furgenomen und ufgericht und sie mermals zu gehaltnen reichstegen zum geschicklichsten ersetzt und gepessert, also und der gestalt, das statlich unsers achtens nit ivil zuzutun noch zu endern–i werden mag, so befinden sich doch und erscheinen darneben in denselbigen etwa vil namhaftiger geprechen und mengel, aus dem, das den berürten ordenung[en] nit gelebt noch die gehandhabt werden, fliessend, also offenbar und clerlich, das ein yeder verstendiger, warzu sie ursach geben, auch was guts die allenthalben im Reich geperen, wol zu ermessen hat, und besonderlich des ersten stücks des rechtens halb etlich artikel, wie dieselbigen uf das kürzt verzeichnet hernach volgen:

[2a.]j kZum ersten, so ist euer ksl. Mt. und des hl. Reichs camergericht, als uns angelangt, mit personen, heuptern und geliedern nit so statlich, als desselben gerichts, des Reichs, der sachen und parteyen notturft erheischt, besetzt noch versehen, etlich /345b/ auch der ort gefordert und angenomen, die nit alle zu solhen hohen sachen geschickt sein möchten.–k 

[2b.] Am andern, so wirdet der ordnung, derselbigen erclerung und anderung der ends nit nachkomen noch gelebt, sonder durcheinandergezogen, ytzt eins, dan das ander mit langwirigen, verdrieslichen reden und disputation widerfochten. Derhalb die sachen und parteien aufgehalten werden, also das sy zu keinem ende komen mögen, besonderlich numehr, so sich die hendel teglich heufen.

[2c.] Zum dritten, so werdenl, als wir bericht und aus etlichen supplicacion[en], auch sunst vermerkt, die parteien mund sachen durch gepotsbrief oder mandata by hohen,–m schweren, inverleibten penen uf unbestendig furbringenn und ungestüme anhalten, also zu vermuten pist, ausbracht, auch underweilen durch andere stende und person eigens furnemens und mit gewalt–p abgewiesen und vom rechten gedrungenq.

[2d.] Zum vierden beclagen sich eins teils in die andern usserhalb lands by frembden nacion, auch dem stul zu Rome, das sie onecitirt, unverhort, auch one einiche furforderungr condempnirt, geecht und sunst zum hochsten beschwert werden.

[2e.] /346a/ Zum funften so wirt, als wir vernemen, dem obgemelten gericht sein lauf und gang nit geleich noch freie gelassen, sonder in etlichen sachen gestimelt [= beeinträchtigt], durch gepot und in ander weg verhindert und zum stilstand bracht.

[2f.] Zum sechsten, so befinden wir, das an soft gedachtem–s euer ksl. Mt. und des hl. Reichs camergericht uber die maß langsam furgangen und also verzuglich gehandelt wirdet, das ye bis in das drit oder viert jar die ordenung im procedirn komt eins umbgeet oder den procurator betreffen ist. Was grossen ufhalts das in alten sachen tut geberen, haben euer ksl. Mt. und meniglich zu ermessen.

[2g.] Zum siebend, so sein etwa vil, die urteil und recht behalten, auch mit schwerem costen und darlegen executorial und andere nottürftig brief erlangt, die sich beclagen, das inen weiter nit verholfen, auch kein execucion by hohen und nidern stenden, die sie derhalb gesuchtu, bekomen mögen.

[2h.] Zum achten, so erwegtv sich in mer wan in einer sach, das die erlangt urteil, auch executorial und andere brief durch gescheft und in andere weg, auch by der weiln durch nider person gewertw und nidergelegt werden, das zu verachtung euer ksl. Mt., des gerichts und teutscher nacion reicht.

[2i.] /346b/ Zum neunten, so werden appellacionsach[en] in cleinen, dorichten, unachtbarn hendeln, oftermals nit uber vier, funf, sechs fl. und dergleichen laufen, angenomen, die ewenx wol als die grossen ire zeit und proces haben wollen und erfordern. Dardurch die andern hohen, schwere, dapfere sach verhindert und in verzug gestelt werden. Das unsers ermessens nit sein solt, sonder woy die ye angenomen, ein sonderlicher proces zu machen were.

[2j.] Zum zehenden, so wirt ein iglicher, der armut schwert oder behalten mag, der ends, wie pillich, recht, auch loblich ist, gehort, aber oftermals in posen hendeln, die allein zu der andern umbdreiben furgenomen werde. Die, so sich dasselb erfindet, hinlaufen und ungestraft pleiben by der weiln, ob sie wol glübt und eide vergessen. Das zu bosem ebenbild [= Vorbild] reichen und andere bewegen tut.

[2k.] Zum eylften, so fallen in den fiscalischen sachen mancherhandz misbrauch zu, in dem, das sie nit nach irer art und ordenung geübt werden, auch schwer zu horn, das richter und bysitzer g[e]niesser [= Nutznießer] und selbst urteiler sein. Wer gut, verdacht zu verhüten, solchs zu versehen.

[2l.] /347a/ Zum zwolften, so werden zu bezalung oder underhaltung des gemelten gerichts ungleich bürden getragen. Ein teil[der] stende ire gepüre entrichten, die andern sich des weigern, auch weder schrift noch proces, gegen inen furgenomen, achten. Derhalben ein merglich summa mit beschwerd der gehorsamen ussteen pleiben.

[2m.] Zum dreizehenden, so ist dasselbig euer ksl. Mt. camergericht uber die hohen bedenken und abschied, zu Costenz, Trier, Colen und ander reichstege gemacht, an orten, die selbst vil hendel am gericht und sunst unvertragen haben, plieben und noch zu beschwerd und nachteil der parteien und sachen, auch des gerichts und derselbigen personen vercleinerung.

[2n.] Zum vierzehenden, das us den und andern ursachen, so allenthalben im hl. röm. Reich und weiter erschollen, das solichs euer ksl. Mt. camergericht also vercleinet und in verachtung fürt, das vil hoher und nider stende person[en], der end zu rechtfertigung zu wachsen oder sich einzulassen, scheue und beschwert tragenaa, auch derenhalb neben- und andere unwegeab erdenken, suchen und furnemen, auch die hendel irs gefallens understeen uszuuben. Das alles unsers ermessens sunst nit bald were, sonder vermiten pliebe.

[2o.] /347b/ Zum fünfzehenden, so befinden wir vil unwesens, widerwertigkeit und ungehorsam by den undertanen, so sich im Reich und teutscher nacion ereugt, auch aus dem wurzeln, das die empter nit alle wol noch friedlich versehen, die gerechtigkeit auch an den nidern gerichten mangel hat und sonderlich, das ubel- und missetaten, wie sichs gepürt, nit oder gar wenig gestraft wird. Das mancherhand bewegung macht und zu enthaltenac ursach gibt.

[2p.] Zum sechzehenden, so machen und erwecken unsers ermessens die gerichtzweng, geistlich und weltlich, auch westvalische, rotweilsche und andere irer gleichen gericht, die mißbraucht und nit, wie sich gepürt oder sein solt, geübt werden, nit die cleinest widerwertigkeit, zenk und irrung allenthalben im hl. röm. Reich und teutscher nacion, und were gut, das ir yedes nach seiner art gehalten oder denen ein erber, leidlich ordnung oder maß, solichs zu verhüten, geben würde.

[2q.] Zum siebenzehenden, das die allerhochste straf und peen, so euer ksl. Mt. und das hl. Reich und weltlich oberkeit gehapt und noch, das ist acht und aberacht, by vilen, so die gleich ordenlich und wie sich gepürt erlangt, wenig /348a/ angesehen, auch eins der andern gleich geachtet wirdet, die echter nit verfolgt noch verjacht, sonder gedult, furgeschoben, vergleitet und begnadet werden. Des alles zu verachtung und nachteil und sonderlich der gewinendenad partey reicht.

[2r.] Zum achtzehenden, so ist unsers behalts der uberschwenklichen costlicheit mit cleidung, zerung und ubermessigem zutrinken, auch rüstung hochzeiten und anders niders und hohen stands ubertreten, furnemlich der gewerbenden geselschaft, auch spils und zuvoran gotslesterung halben, so zu gehaltnen reichstegen oftermals bedacht und derhalb ordnung furgenomen, aber nit volnzogen, wenig angesehen, geacht oder gehalten worden. Were gut, wider bedacht und, ob sie in ycht beschwerlich, denen nochmals milterung und maß gegeben und gehaltenae würde.

[2s.] Zum neunzehenden, so wirdet der und anderer ursachen halber gelt und gut, auch, also zu reden, alle richtumb in ander frembde lant und nacion, auch gein Roma mit neuem furnemen und beschwerlicheit aus teutscher nacion gefürt. Dadurch alle glider und stende, dieweil die armen undertanen nit vil haben noch vermögen, vercleinet, ernidert und zu noch mer beschwerlicheit gesetzt.

[2t.] /348b/ Zum zweinzigisten bedenken wir, das die laufenden knecht in die krieg, so anderswo die land helfen verderben, auch wider euer ksl. Mt. und das hl. Reich zum ofternmal gestritten, ungestraft zu weib und kindern, auch iren gütern wider gelassen, die dan dem gemeinen baursman hin und here bewegung geben, auch meutery anrichten, zum armen Conzen und dergleichen emporung dienend. Das gut zu furkomen were.

[3.] Us welichem ersten stücks gehorter mengel und andern, die uns itzo villeicht nit zu gedechtnus kommen, und das der ufgericht landfriden neben denselben ubel gehandhabt, auch den vheden, veintschaften, ingriffen, plackereyen, hecken- und ungepürlichen reitereien und entpörungen der armen undertanen zugesehen oder zum wenigsten nit so statlich und wie die notturft hat tunaf erheischen, gestraft noch die teter, auch ire anhenger verjagt werden; das zweite und drite, das sein widerwil und unfride vast entsprungen und gevolgt, auch also und dermassen ingewurzelt und sich erpreitet, das die strassen zu wasser und zu /349a/ land bynahe nindertag im hl. röm. Reich und teutscher nacionah sicher seind noch wol durch ein yede oberhand gehegt werden mogen, auch in dem weder euer ksl. Mt., das haupt, noch wir als die glider, sampt oder sonder, macht, gleit, gepot, verpot, ungnade oder anders angesehen noch geachtet wirdet; uber das euer ksl. Mt., auch unser aller undertanen und verwanten, geistlich und weltlich, nit geschirmt, by recht oder dem iren pleiben noch behalten werden mögen, witwen und weisen an vil orten verlassen, der ackerman, der alle stende neret, an seinem bau und arweit, die kauf- und gewerbsleut an iren hantirungen und hendeln, dergleichen und zuvoran euer ksl. Mt., auch unsere boten und botschaften, bilgerin und andere, so die lande brauchen, an iren bescheen bevelhen, furhaben und guten werken verhindert und sunst vil andere beschwerlicheit, so euer ksl. Mt. selbst aus hohem verstand zu ermessen und wir umbai kürzerung willen umbgangen haben, das dan unsers bedünkens nit allein wider Got, die natur, recht, auch erber- und alle pillicheit, sonder zu demselbigen euer ksl. Mt. und dem hl. röm. Reich, den Kff., Ff. und andern /349b/ stenden desselben allenthalben und sonderlich by frembder nacion zu merglicher schmeh, schimpf und hone, auch verachtung reicht, wir geschweigen der scheden, abbruch und nachteils, so an zollen, mauten, gleit, weggelt und anderm, so dadurch geschwecht, geschmelert und vernichtiget, eins teils auch ganz verwüstet nidergelegt werden, aller oberkeit und dero verwanten daraus entsteen, zuwachsen und sich teglichs tun meren. Das ye by euer ksl. Mt. regirung und by unsern zeiten gescheen zu lassen, auch zu reden oder zu redenaj beschwerlich und unleidlich.

[4.] Nuak setzen wir in keinen zweivel, wo des obgedachten ersten stücks mengel ir geschickte, nottürftige wege bedacht, funden und bewilligt, als unsers achtens, wo euer ksl. Mt. wollen und es mit rat furnemen, leichtlich zu geschen sey, so würden der itz schwebenden irrung und zufell vil getrückt und hingenomen, die andern, die widerwertigkeit und unfriden belangendal, der merer teil dergleichen fallen und die uberigen durch underhandlung und geschicklicheit abgewant und hingelegt, den künftigen auch begegent und gute fursehung furgenomen würde. Wolt darüber aber einer oder mer, were der wer, mutwill[ig]en ingriff tun, rauben, plackerey treiben, hecken- oder ander ungepürlich dienst und reiterey pflegen, gewalt, empörung oder andere unredlich sachen furnemen, brauchen oder uben, so sein euer ksl. Mt. in solichem ansehen /350a/ und macht, auch der geschicklicheit, hohen erfarung und vernunft, das denselben, wie der ufgericht landfride vermag, one sonder grosse costen und mühe mit recht, rate und hilf wol zu begegnen, amauch auszuroten–am und zu vertilgen seyen. Solt solichs aber itzo nit bedacht, zu vergessen oder in verzuge gestelt und also solich obligen und furhaltenan der untertanen sich erweitern, gedultet, auch nit by zeiten geleschet noch usgereutet werden, das wir ye zu Got, auch euwer ksl. Mt., desselbigen stat alhie uf erden besitzen, nit hoffen ubersehen werden, was kont oder möchte aus allerhand beweglichen ursachen, empörung und anzeig unsers ermessens und hohen besorgens anders, dan wie hievor oft an andern orten und reichen, da derglichen ingewurzelt, bescheen, wo es nit schleunig und statlich furkomen würde, entlich und in kurzer frist volgen, dan abfalle, zursterung und verderben des hl. röm. Reichs, allen desselben stenden und ganzer teutscher nacion, die vor zeiten der Römer und anderer macht nit geforcht, sie oft bestritten und, wie euer ksl. Mt.ao wissen, bis apunz here–ap sich gegen meniglich in irem reich und freiheit erhalten hat.

[5.] Darumb wir gemeint, woaq ksl. Mt. uf diesem reichstag erschienen, derhalb undertenig rede und handlung mit euer ksl. Mt. zu haben, auch, gepürlich erinnerung zu tun, willens gewest. Dieweil aber euer ksl. Mt. us zufallenden gescheften ussenplieben und dan solichs in unser, der stende, one derselbigen personlich bysein, verordnet rete oder sondern bevelhe macht und tun nit ist, so haben wir aus erzelten ursachen, wiewol wir, die Kff. /350b/ und Ff., von euer ksl. Mt. des erlaubnus entpfangen, nit wollen abweichen, sonder solich unser bedenken euer ksl. Mt., dem hl. röm. Reich und uns allen, sampt und sonder, beschwerlichs obligen zuvor wollen anzeigen und eroffnen, underteniglich und mit dem hochsten vleis, auch umb Gots und der gerechtigkeit, euer ksl. Mt. selbst, des hl. röm. Reichs, teutscher nacion, ganzer cristenheit, unser aller ehr und wolfart willen bittend, euer ksl. Mt. als das oberst haubt und hocherfarner geruhe und wolle die ding, als wir in keinen zweivel setzen, getan haben und noch tun werde, selbst zu herzen fassen und zu gedechtnus ziehen, wievil kleine reich, commune, Kgg. und Hftt. durch fride, recht und einigkeit ufgenomenar, gewachsen und mechtig worden und herwiderumb die großmechtigen durch obgemelt furnemlich mengel rechts, frids und einigkeit, die euer ksl. Mt. wol wissend und unverborgen sein, in abfall komen, zurtrent und zurgangen1, auch by der weilen derhalben von einem volk in das ander gewachsen und besonderlich die schwere troheas und obligend, sich allenthalb in teutscher nacion ereugen, auch was itzt in den gemüten der baurn und gemeinen mans stecket und, also zu reden, furo und furo allenthalben wütet, bedenken, raten und helfen, das dem insehens bescheen und nottürftiglich, auch furderlich begegend und furkommen oder zum wenigsten, wo es ye durch verhengnus oder schickung des Allmechtigen, in des gewalt die und alle ding stehen, nit sein solt, in das minst bose gewendt werde /351a/ und nit dahin wachs, das teutsch nacion, so aller welt und reichen erschrecklich gewest, unbedechtlich und durch ir selbst uneintrechtig gemüt und handlung allen anstossenden zu schimpf und frolockung in einen unrate und weiter beschwerlicheit gefürt werde. Das wollen umb euer ksl. Mt. wir alle, sampt und sonder, in aller undertenigkeit mit unsern gehorsamen, willigen diensten alles vermögens zu verdienen, bereit und geflissen sein.

[6.] Und were unser gutbedünken, getreuer rat und undertenig bit uf euer ksl. Mt. verbesserung, wo dieselb ye us ehaften gescheften zu diesem tag sich nit fügenat, dasau euer ksl. Mt. etlich ire rete alhier verordnetav, von solichen sachen und beschwerdenaw obligenden handeln zu lassenax. So wollten wir denselben statlich zuordnen, diesay bevelhe, mit inen, wes euer ksl. Mt., dem hl. röm. Reich und teutscher nacion zu ufnemung, ehr und wolfart, auch zu undertruckung und usruttung itzgemelter azder undertanen–az emporung reichen und dienen möchte, bazu bedenken und beratschlagen und helfen–ba zu handeln, der hoffnung, solich beschwerlich obligend sollen mit hilf des Almechtigen, euer ksl. Mt. zeitigembb rate und furbedrachtung der pillicheit hingelegt und vertragen, auch versehen und den künftigen weg und maß, dadurch /351b/ alle des hl. Reichs und unser aller obligende beschwerd, unfride und mengel abgewend, erfunden und geben werde. Das wolle euer ksl. Mt. also in gnaden ufnemen und von uns underteniger, getreuer meynung, aus notturft und schuldiger pflicht gescheen zu sein, vermerken, euer ksl. Mt. als unserm allergnst. H.bc hiemit mitbd aller undertenigkeit bevelhend und des ir Mt. gn. antwort hievon bittend. beGeben zu Meinz uf freitag nach Petri in vinculis Ao. etc. 172.–be

Anmerkungen

a
 B–F ereugen.
b
–b E wieder.
c
 B–F folgt: personlich.
d
 F in.
e
 B, C meniglichen.
f
 B–D, F noch
g
 F vor.
h
–h C bereyten.
i
–i B, C, F wol zu tun noch zu wenden.
j
 F Randvermerk von anderer Hand: Das cammergericht bis in den 14. nachvolgenden articul belangen.
k
–k B, C, E wie I [1a.].
l
 B–F folgt: bey der weylen.
m
–m B–F eigens furnemens mit gewalt oder durch gebotsbrive by.
n
 B, C, F anbringen.
o
 B, D, E folgt: zu glauben und; E folgt: zu glauben und wol.
p
–p B–F stet.
q
 B–F genommen.
r
 B Lücke im Text; C proceß.
s
–s B, C, F obgedachtem.
t
 C kaum, korrigiert aus: kom.
u
 B–F ersucht.
v
 B–F ereugt.
w
 B geweheret; E gewegert.
x
 F eben.
y
 C wie.
z
 F manicherleyhant.
aa
 B–F folgt: bey der weilen.
ab
 F umwege.
ac
 F korrigiert aus: enthaltung.
ad
 C gemeynen.
ae
 B–F gehanthabt.
af
 C hart tut.
ag
 F fehlt.
ah
 F folgt über der Zeile hinzugefügt: nit.
ai
 B, C itzt; C yntzt.
aj
 B, C, E, F horen.
ak
 B, C, E, F folgt: bedenken wir und.
al
 B, C, F beclagent.
am
–am B, C, F die auszutun.
an
 B–F furhaben.
ao
 D, E folgt: am allerbesten; B, C, F folgt: am besten.
ap
–ap F korrigiert in: jtzt her.
aq
 B, C, F folgt: euer.
ar
 B–F ufgangen.
1
 Vgl. Nr.765/I, Anm. 3.
as
 F korrigiert in: trang.
at
 B–F folgt: mochten.
au
 B–F folgt: dan.
av
 B, C, F folgt: oder zum wenigsten.
aw
 B, D, E, F swebenden.
ax
 C, E, F folgt: vergünstigen,
ay
 B–F mit.
az
–az B–F fehlt.
ba
–ba B–F fehlt.
bb
 B, C, F zeitlichem.
bc
 B, C, F folgt: uns.
bd
 F in.
be
–be B, F fehlt.
2
 Bei dieser Datierung handelt es sich wahrscheinlich um den Tag, an dem die Ratschläge an den Ks. übersandt wurden.